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Eine Konferenz von Google in Nigeria. Trotz der OECD-Mindeststeuer für transnationale Unternehmen kommt in afrikanischen Ländern nichts an.

© Foto: Akintunde Akinleye/REUTERS

Weltweite Steuergerechtigkeit: Afrika drängt, Deutschland blockiert

Afrikanische Staaten kämpfen für eine UN-Steuerkonvention, damit ärmere Länder mehr Einnahmen bekommen. Die Bundesregierung sollte hier den Vorreiter spielen.

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Viele Länder des globalen Südens befinden sich in einer dramatischen Lage. Bereits 2021 sind in Folge der Corona-Pandemie weitere 77 Millionen Menschen in extreme Armut gefallen. Aktuell sieht es nicht viel besser aus: Die Umsetzung der Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (UN) in Bereichen wie Klima und Verringerung von Ungleichheit stagniert und ein Grund dafür sind erhebliche Finanzierungslücken. Aktuell fallen die Steuereinnahmen für viele Länder des globalen Südens deutlich niedriger aus.  

Vor diesem Hintergrund haben die afrikanischen Länder bei den Vereinten Nationen eine Reform in Gang gebracht, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) seit Jahren zu verhindern sucht: Sie soll das globale Steueraufkommen fairer verteilen.

Der Weg dorthin: Die Spielregeln, nach denen Länder globale Steuerübereinkommen verhandeln, inklusiver und transparenter machen. Vergangenen Freitag wurden im Haushaltausschuss der UN-Generalversammlung die erforderlichen Haushaltsmittel für die Umsetzung der Resolution diskutiert – dabei geht es um etwa 400.000 Euro. Eine finale Entscheidung wird an diesem Donnerstag erwartet. 

Kenia erhält kaum etwas

Länder des globalen Südens nehmen, gemessen an der Wirtschaftskraft, deutlich weniger Geld durch Steuern ein als Länder des globalen Nordens. Grund dafür sind aber nicht nur Pandemie und Ukraine-Krieg. Bereits seit Jahrzehnten verschieben sowohl Öl- und Gaskonzerne als auch Google und Co. ihre Gewinne in Steueroasen - das schadet Industrie- und Entwicklungsländern.

Aber internationale Verträge zur Unternehmensbesteuerung bevorteilen zudem die reichen Länder. Sie bestimmen, welches Land einen wie großen Anteil des globalen Steueraufkommens transnationaler Unternehmen erhält. Welche Steuern bekommt beispielsweise Kenia dafür, dass Google in dem Land Gewinne erzielt und mit den Daten der Menschen vor Ort arbeitet? 

Die Antwort lautet: Kenia erhält kaum etwas. Der Großteil der Gewinne geht an das Land des Konzernsitzes, im Fall Google an die USA. Eine globale Steuerreform, koordiniert durch die OECD, sollte diese Probleme angehen. Herausgekommen ist 2021 ein Kompromiss, der zwar eine globale Mindeststeuer enthält, für ärmere Länder aber kaum zusätzliche Einnahmen einbringt. Deswegen fordern viele Länder aus der Gruppe der Entwicklungs- und Schwellenländer schon seit Jahren, dass die Vereinten Nationen den Rahmen für internationale Steuerverhandlungen bilden sollen.  

Afrikanische Staaten wollen die Steuerspielregeln fundamental ändern.

Heidemarie Wieczorek-Zeul

Das hätte tatsächlich große Vorteile. Die UN sind inklusiver, denn dort sind alle Länder der Welt vertreten. Zudem sind Verhandlungsprozesse bei den Vereinten Nationen deutlich transparenter als in der OECD. Ein hoch besetztes Panel (UN High Level Panel on International Financial Accountability, Transparency and Integrity for Achieving the 2030 Agenda, kurz FACTI-Panel) machte vor knapp zwei Jahren konkrete Vorschläge für strukturelle Reformen in den Bereichen Steuern und illegale Finanzströme.

Andrang auf einer Rolltreppe im Carlton-Einkaufszentrum in der südafrikanischen Stadt Johannesburg.

© Foto: Gero Breloer/dpa

Zentrale Forderungen waren die Aushandlung einer UN-Steuerkonvention, die Stärkung des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen und umfassende Transparenzstandards. Deutschland und weitere westliche Staaten blockieren diese Vorschläge aber konsequent.  

Die afrikanischen Staaten haben in der UN-Generalversammlung eine bemerkenswerte Resolution durchgesetzt, welche die globalen Steuerspielregeln fundamental ändern könnte. Die Resolution geht in dieselbe Richtung wie die FACTI-Empfehlungen. Ziel ist es, dass eine UN-Steuerkonvention Realität wird. Diese könnte die Vielzahl an bestehenden komplizierten Steuerregeln ersetzen. Das wäre ein enorm großer Erfolg für die globale Steuergerechtigkeit! 


Deutschland ist nun in der Verantwortung, die Initiative der afrikanischen Länder aufzugreifen und seinen bisherigen Kurs zu korrigieren. Die Reform darf von den europäischen Ländern nicht blockiert werden, wenn sie es ernst meinen mit der selbstbestimmten Entwicklung des ärmeren Teils der Welt. Die strukturellen Ungleichheiten im internationalen Steuersystem, die eine wichtige Ursache für die anhaltende globale Ungleichheit sind, müssen endlich beendet werden. 

Insbesondere in Anbetracht der akuten globalen Krisen, muss die Bundesregierung ihrer im Koalitionsvertrag angekündigten Vorreiterrolle in Steuerfragen gerecht werden. Wir brauchen dringend einen Rahmen für globale Steuerregeln, der inklusiv, transparent und bei den Vereinten Nationen angesiedelt ist. 

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