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Die europäischen Konservativen wollen den Schutz an europäischen Grenzen verstärken. Im vergangenen Jahr wurde zwischen Polen und Belarus ein neuer Grenzzaun errichtet.

© dpa/Michal Dyjuk

„Zäune müssen denkbar sein“: EU-Parlamentarier fordern neue Flüchtlingspolitik

Die Europäische Volkspartei will die Flüchtlingspolitik reformieren. Frontex soll gestärkt, Asylzentren gebaut, Schlepper gestoppt werden. Konkret wird es beim angestrebten Zeitplan.

Europa soll seine Flüchtlingspolitik grundsätzlich neu ausrichten. Das ist die Forderung der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament.

„Es ist Zeit aufzuwachen“, sagte der Europaparlamentarier Jeroen Lenaers in Brüssel. „Wir brauchen weniger Worte und mehr Taten.“ Dazu präsentiert die Fraktion am Mittwoch ein Grundsatzpapier, das dem Tagesspiegel in seinem letzten Entwurf vorliegt.

Auf den 13 Seiten wird eingangs festgehalten, dass sich nach Angaben von Europol über 90 Prozent der Migranten auf den Dienst von Schleppern verlassen würden. „Es ist aber die Aufgabe der Mitgliedstaaten, zu entscheiden, wer ihr Land betritt – nicht die von Kriminellen“, heißt es. Aus diesem Grund müssten alle Maßnahmen ergriffen werden, um den Menschenhändlern das Handwerk zu legen.

Der konservative Abgeordnete Jeroen Lenaers forderte eine offene Diskussion darüber, wie die illegale Migration in Richtung Europa gestoppt werden könnte. „Es genügt nicht, ständig über die Sicherung der EU-Grenzen zu sprechen, wir müssen es auch tun.“ Dazu gehört in seinen Augen auch der Bau von Grenzzäunen.

90
Prozent der Migrantinnen und Migranten verlassen sich laut Europol auf den Dienst von Schleppern.

Dieses heikle Thema wurde in diesen Tagen bereits von EVP-Chef Manfred Weber angesprochen. „Zäune sind immer das letzte Mittel, aber wir brauchen sie überall dort, wo Schlepperbanden erfolgreich versuchen, europäisches Recht zu umgehen“, sagte der deutsche CSU-Politiker.

„Wenn es technisch nicht anders möglich ist, illegale Migration zu verhindern, dann müssen Zäune denkbar sein.“ Als Beispiele nannte Weber die EU-Ostgrenze, die Mittelmeerregion und die Grenze Bulgariens und Griechenlands zur Türkei.

Manfred Weber, der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, will härter gegen illegale Migration vorgehen.
Manfred Weber, der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, will härter gegen illegale Migration vorgehen.

© Odd Andersen/AFP

Neben der substanziellen Verbesserung der Asylverfahren schlägt die EVP in ihrem Papier auch den konsequenten Aufbau von sogenannten Asylzentren in Drittstaaten vor. In diesen EU-Büros in Ländern wie Tunesien, Marokko oder Ägypten sollen dann Menschen aus Afrika Asyl in Europa beantragen können.

Die ersten Verfahrensschritte könnten so auf fremdem Staatsgebiet in die Wege geleitet werden, ohne dass etwa die lebensgefährliche Reise über das Mittelmeer in Angriff genommen werden müsse.

Es genügt nicht, ständig über die Sicherung der EU-Grenzen zu sprechen, wir müssen es auch tun.

Jeroen Lenaers, konservativer Europaparlamentarier

Grundsätzlich neu regeln will die EVP auch die Seenotrettung im Mittelmeer. Das sei keine Aufgabe für private Organisationen, unterstrich Jeroen Lenaers.

Aus diesem Grund wird in dem Papier die Stärkung der Grenzschutzagentur Frontex gefordert. Die sollte in Zukunft nicht nur besser ausgestattet werden, sondern auch die Zusammenarbeit mit den betroffenen Durchreiseländern etwa im Maghreb deutlich verbessern.

Wichtig ist den Konservativen im Europaparlament, dass die Solidarität unter den EU-Staaten in Fragen der Migration neu definiert wird. Jeder müsse seinen Teil dazu beitragen, das Problem in den Griff zu bekommen, betonte der Niederländer Jeroen Lenaers.

Das müsse nicht heißen, dass alle Staaten Migranten aufnehmen. Die eingeforderte Solidarität könne sich auch darin zeigen, dass ein EU-Mitglied etwa wesentlich mehr Geld in den Schutz der Außengrenze investiere.

Zäune sind immer das letzte Mittel, aber wir brauchen sie überall dort, wo Schlepperbanden erfolgreich versuchen, europäisches Recht zu umgehen.

Manfred Weber, EVP-Chef und CSU-Politiker

Begrüßt wird von der EVP, dass sich die aktuelle schwedische Ratspräsidentschaft des Themas Migration angenommen hat.

Bereits bei dem ersten Treffen der EU-Innenminister Mitte Januar in Stockholm wurde betont, dass angesichts des überlasteten Asylsystems in vielen Ländern deutlich mehr abgelehnte Asylsuchende in ihre Heimat abgeschoben werden sollen.

Die EVP fordert in ihrem Papier vor allem, dass die Drittstaaten stärker in die Pflicht genommen werden müssten. Die EU bemühe sich schon seit Jahren darum, mehr Menschen ohne Bleiberecht zurückzuführen, komme dabei aber kaum voran, das müsse sich ändern.

Jeroen Lenaers definiert den Zeitrahmen für geforderte Reformen überraschend klar. Bis zur nächsten Europawahl 2024 sollen erste deutliche Erfolge zu erkennen sein. Offensichtlich befürchtet die EVP-Fraktion ein Erstarken der rechtspopulistischen Kräfte im Parlament, sollte der Druck auf die EU-Staaten durch die Migration weiter steigen.

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