zum Hauptinhalt
Der russische Präsident Wladimir Putin bei einer Weihnachtsliturgie in der Kirche in der Staatsresidenz Nowo-Ogariowo.

© IMAGO/ITAR-TASS

„Zeigen Sie Mitgefühl für seine Angehörigen“: Russische Geistliche fordern von Putin die Freigabe von Nawalnys Leiche

Mit einem Aufruf wollen die Geistlichen Putin an die christlichen Bestattungsregeln erinnern. Derweil kritisiert CDU-Chef Merz hierzulande den AfD-Chef für seine Äußerungen nach Nawalnys Tod.

Hunderte russisch-orthodoxe Geistliche und Laien haben in einem Appell den Moskauer Machtapparat zur Freigabe der Leiche des im Straflager gestorbenen Kremlgegners Alexej Nawalny aufgefordert.

„Wir fordern Sie auf, den Leichnam von Alexej Nawalny an seine Familie zu übergeben, damit seine Mutter, andere Familienangehörige und Gleichgesinnte sich von ihm verabschieden und ihm ein christliches Begräbnis bereiten können“, hieß es in dem Appell, der am Donnerstag auch vom Team des Oppositionellen verbreitet wurde. Nach orthodoxem Brauch sollen Gläubige am dritten Tag nach ihrem Tod beerdigt werden.

Die russisch-orthodoxen Gläubigen erinnerten Putin, der sich selbst oft mit Kerze in der Hand in Kirchen zeigt, daran, dass es christliche Regeln gebe; die Angehörigen hätten einen Anspruch auf die Beerdigung. „Das ist nicht nur ihr Wunsch und ihr gutes Recht, sondern auch ihre Pflicht gegenüber Gott und dem Verstorbenen“, hieß es in dem Appell, der seit Mittwoch im Internet abrufbar ist und 800 Namen aufwies. „Alexej Nawalny war nicht nur ein Oppositionspolitiker, er war auch ein gläubiger Mensch.“

Denken Sie daran, dass vor Gott alle gleich sind.

Appell an den Kreml von russisch-orthodoxen Geistlichen

Die Tragödie des Todes dürfe nicht dadurch verschärft werden, dass eine einfache menschliche Bitte abgeschlagen werde. „Denken Sie daran, dass vor Gott alle gleich sind.“ Es bestehe die Gefahr, dass durch Ungnade und Unmenschlichkeit die Spannungen in der Gesellschaft noch weiter zunähmen. „Zeigen Sie Barmherzigkeit und Mitgefühl für seine Mutter, seine Frau, seine Kinder und seine Angehörigen.“

Merz verurteilt Tod von Nawalny als „Mord“

Der russische Machtapparat hält die Leiche des am Freitag voriger Woche für tot erklärten Nawalny weiter unter Verschluss. Zuvor hatte auch die Mutter des 47-Jährigen, Ljudmila Nawalnaja, sich per Video mit der Forderung an Präsident Wladimir Putin gewandt, ihren Sohn beerdigen zu dürfen.

Menschenrechtler, Angehörige und Unterstützer werfen Putin vor, er habe seinen Gegner im Straflager ermorden lassen. Auch der CDU/CDU-Fraktionschef Friedrich Merz zeigte sich sicher, dass Alexej Nawalny ermordet worden ist. „Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass er einem politisch motiviertem Mord zum Opfer gefallen ist“, sagte der CDU-Vorsitzende am Donnerstag im Bundestag.

Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass er einem politisch motiviertem Mord zum Opfer gefallen ist.

Friedrich Merz, CDU/CDU-Fraktionschef

Scharfe Kritik übte Merz an der Reaktion des AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla auf Nawalnys Tod. Der hatte es als „unerträglich“ bezeichnet, dass bereits jetzt die Verantwortung dafür verteilt werde. „Man redet von Mord, von sonstigen Dingen, obwohl man nichts weiß, obwohl man noch nicht mal die Ermittlungen abgewartet hat“, hatte der AfD-Vorsitzende gesagt. Merz nannte das „geradezu schäbig“ und „menschenverachtend“.

An die Adresse Chrupallas sagte er: „Sie sollten nicht allen Ernstes behaupten, in diesem System gäbe es so etwas wie nachvollziehbare Ermittlungen. Wer so redet, macht sich im ganzen Sinne von Lenin zum nützlichen Idioten dieses Regimes.“

Nawalny war letzte Woche leblos zusammengebrochen

Nach russischen Behördenangaben ist der 47-jährige Nawalny am Freitag bei einem Hofgang im Straflager mit dem inoffiziellen Namen „Polarwolf“ in der sibirischen Arktisregion Jamal zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche der Strafvollzugsbeamten seien vergebens gewesen, hieß es.

Nawalny war durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächt. Die Behörden verweigern den Angehörigen trotz auch internationaler Proteste bis heute Zugang zu seiner Leiche. Nawalnys Team, das dem russischen Machtapparat Mord vorwirft, sieht darin einen Vertuschungsversuch. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false