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Danielle Balbuena macht unter dem Namen 070 Shake Musik.

© Universal

070 Shake live in Berlin: Aus New Jersey zu den HipHop-Sternen

Die amerikanische Musikerin 070 Shake stellte ihr gerade veröffentlichtes Debütalbum „Modus Vivendi“ im Kreuzberger Bi Nuu vor. Ein emotionaler, mitreißender Abend.

Sie taumelt wie in Trace. Als würde sie sich in den besungenen Schmerz hineinfallen lassen, hineinkrümmen, hineinlehnen. 070 Shake bringt ihren gesamten Körper die Melodie des Songs „Don’t Break The Silence“ ein.

Das Publikum im Bi Nuu fühlt mit. Die Haare fallen ihr nass-gelockt über die Schultern. Zur lackrot glänzenden Hose, trägt sie ein schwarzes Top mit Daunenweste, in der sie beinahe verschwindet. Mal wirkt sie in sich gekehrt, dann wirbelt sie ausgelassen über die Bühne.

Entwaffnende Ehrlichkeit

Man nimmt Danielle Balbuena, wie 070 Shake mit bürgerlichem Namen heißt, alles ab. Sie verpackt ihre Emotionen in einfachen, aber nicht weniger lyrischen Worten. Ihre tiefe Stimme, die sich in die vielschichtigen Kompositionen webt, verstärkt die unprätentiöse Art. Ihre lockere Ehrlichkeit ist entwaffnend.

Die Zahl in ihrem Künstlernamen verweist auf das Kollektiv 070, das die Musikerin 2015 mit Freunden gegründet hat. Die Ziffern gehen auf die Postleitzahl ihrer Heimatstadt New Jersey zurück. Das Logo der Crew hat sich die 22-Jährige auf die Schläfe tätowiert. 2016 veröffentlicht das Kollektiv ein erstes Mixtape. „Freestyle“ ist ein Rap- Track, auf dem besonders 070 Shake mit ihrem außergewöhnlichen Sprachgefühl heraussticht.

Da hatte sie gerade erst begonnen Musik zu machen. Kurze Zeit später wird Kanye West auf ihr Talent aufmerksam und holt sie zu seinem Label Good Music. An seinem Album „Ye“ war 070 Shake maßgeblich beteiligt. Sein Song „Ghost Town“ wird durch ihre Bridge zum Höhepunkt der Platte. Auch mit Stars wie Pusha T, Nas und Beyoncé hat sie schon zusammengearbeitet.

Verschwisterung im Publikum

Vor dem Song „Nice To Have“ hält 070 Shake inne. Sie fühle sich oft einsam, sagt sie. Wenn es ihr schlecht geht, helfe es ihr, sich anderen Menschen anzuvertrauen. „Wir sind alle Menschen, alle gleich.“ Diese Gewissheit lasse sie eine Verbindung zu jedem Menschen fühlen. „Wir brauchen uns alle gegenseitig“, sagt sie und singt die erste Zeile: „It’s nice to have someone to hold you.“ Beinahe geht ihre Ansprache im Applaus unter. Und wirkt: Die vordere rechte Publikumshälfte hat sich mittlerweile verschwistert, teilt Bier und Freudentränen.

Schweigeminute für Kobe Bryant

Zwischen den futuristischen Synth-Pop-Songs ihres gerade veröffentlichten Debütalbums „Modus Vivendi“, spielt sie auch ältere und raplastigere Songs wie „Stranger“ und „Honey“. Letzteres sogar mehrmals. Zur großen Freude der tanzenden Menge. In einem bewegenden Moment bittet 070 Shake um eine Schweigeminute für den tödlich verunglückten Basketballstar Kobe Bryant. Ihm widmet sie ihren düstersten Track „The Pines“, ein Cover des Folksongs „In The Pines“. Es endet mit einem energiegeladenen Moshpit.

„Erlaubt ihr meiner Stimme euch durch den nächsten Song zu führen?“ fragt die Musikerin. Ihr Debütalbum durchziehen Motive von Astronauten, Raumschiffen, Fernweh und Aufbruch. Und so folgt der gesamte Saal 070 Shake mit geschlossenen Augen in ihr Klang- Universum.

Alexandra Ketterer

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