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Daniel Barenboim und ein Teil seiner Staatskapelle am Freitag im Opernhaus Unter den Linden.

© dpa/Annette Riedl

450 Jahre Staatskapelle Berlin: Gefeiert wird im kleinen Kreis

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht, Daniel Barenboim dirigiert: Ein musikalischer Festakt im Opernhaus Unter den Linden.

Feiern und dabei Abstand halten, ist keine einfache Übung. Beim Festkonzert der Staatskapelle sind die meisten Plätze mit der Banderole „Bitte halten Sie diesen Sitz frei“ gesperrt. Das sorgt für Klammheit in Parkett und Rängen Unter den Linden, auch bei den Grußworten. 450 Jahre Staatskapelle sind ein angenommenes Datum, doch unter Kurfürst Joachim II. muss die Hofkantorei entstanden sein.

So weit blicken die Festredner aber gar nicht zurück. Intendant Matthias Schulz betont die Doppelidentität als Opern- und Konzertorchester, außerdem rechnet er vor, dass Daniel Barenboim sieben Prozent der Geschichte der Staatskapelle geprägt hat.

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller gratuliert

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier widmet sich anstelle des deutschen Klangbilds lieber den deutschen Zeitläuften von der Wiederentdeckung Bachs durch Mendelssohn bis hin zum Widerstand Furtwänglers gegen das Aufführungsverbot Mendelssohns unter den Nazis, obwohl der Dirigent später Hitler die Treue schwor. Für den Regierenden Bürgermeister Michael Müller schließlich ist die Staatskapelle die erste wahrhaft Gesamtberliner Institution, zusammengewachsen mit Hilfe der Musik.

Wie sehr Barenboim sein Orchester schätzt, dem er bald 30 Jahre lang vorsteht, verrät ein denkwürdiges Konzertprogramm. Wagners „Meistersinger“-Vorspiel wühlt sich zunächst durch den erschreckend topfigen Klangraum der Staatsoper, der nur bei betont analytischer Klarheit halbwegs Freude bereitet. Doch plötzlich entdeckt Barenboim einen Gegenentwurf zum toxischen „Tristan“, Zuneigung und Liebe ohne Grenzen scheinen möglich – was für eine unerwartete, berührende Ahnung.

Der Kompositionsauftrag zum Jubiläum ging an Jörg Widmann

Jörg Widmann hat das Auftragswerk „Zeitsprünge“ zum Jubiläum komponiert, das „450 Takte für Orchester“ umfasst. Es beginnt wie ein historischer Choral von Stadtpfeifern und Schellenkranz, um mit der Wolfsschlucht von Webers „Freischütz“ in einen Abgrund zu stürzen. Dunkelheit und Spannung beherrschen den Tonfall, der im zügigen Tempo eine Viertelstunde nur schwer wieder zu einer musikalischen Unschuld zurückfindet. Dafür liegen sich Komponist und Dirigent umso inniger in den Armen.

Das letzte Wort hat Beethoven. Barenboim sucht hier nach Akzenten jenseits von Routine und Symphonie-Zyklen. In seiner Lesart ist die Siebte von großer Wucht, aber auch von einer strukturellen Transparenz, die in die Moderne weist. Viel wird aufgerissen, nichts rückt an seinen definitiven Platz. Kein schlechtes Zeichen für einen Festakt.

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