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Was auf der 75. Berlinale läuft: Richard Linklater, Radu Jude und zwei deutsche Beiträge im Bären-Wettbewerb
Tricia Tuttle stellt das Programm der Berlinale vor. Um Gold und Silber konkurrieren 19 Produktionen, in der „Special“-Reihe werden James Mangolds Dylan-Biopic und der neue Film von Burhan Qurbani präsentiert.
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Zu den 19 Filmen, die unter Leitung der neuen Berlinale-Intendantin Tricia Tuttle ab 13. Februar (bis 23.2) um die Goldenen und Silbernen Bären konkurrieren, gehören zwei deutsche Produktionen. In „Was Marielle weiß“, dem zweiten Langfilm des bislang vor allem als Drehbuchautor bekannten Frédéric Hambalek, spielen Julia Jentsch und Felix Kramer die Eltern eines Mädchens, das telepathische Fähigkeiten entwickelt. In „Yunan“ von dem syrisch-ukrainisch-deutschen Regisseur Ameer Fakher Eldin spielen Hanna Schygulla, Sibel Kekilli und Tom Wlaschiha mit, es geht um einen Exilautor, der sich auf einer Hallig das Leben nehmen will.
Bei der Vorstellung des Programms am Dienstagmittag im Berliner Haus der Kulturen der Welt teilt sich Tuttle die Präsentation des Wettbewerb-Line-ups mit ihren Programmdirektor:innen Jacqueline Lyanga und Michael Stütz. Bären-Kandidaten sind unter anderem neue Werke des Goldbären-Gewinners 2021 Radu Jude („Kontinental ‘25“), des Festival-Stammgasts Hong Sangsoo („What Does that Nature Say to You“) und von Richard Linklater, der elf Jahre nach seinem gefeierten „Boyhood“ zur Berlinale zurückkehrt. „Blue Moon“ mit Ethan Hawke und Margaret Qualley dreht sich um das Broadway-Komponistenduo Richard Rogers und Lorenz Hart.
In „Dreams“ von Michel Franco spielt Jessica Chastain eine Balletttänzerin, in „The Ice Tower“ der Französin Lucile Hadžihalilović tritt unter anderem Marion Cotillard auf. Die Österreicherin Johanna Moder erzählt in „Mother’s Baby“ von einer Mutter nach einer traumatischen Geburt, im ukrainischen Dokumentarfilm „Timestamp“ von Kateryna Gornostai steht die Schule im Zentrum: Wie funktioniert Bildung im Krieg, wie geht es Schulkindern und Lehrern?
Eingangs hatte die Amerikanerin Tuttle, die zuvor das Londoner Filmfest leitete, die Anwesenden kurz auf Deutsch begrüßt, um dann auf Englisch zunächst die Titel der neuen Sektion „Perspectives“ mit 14 Debütfilmen (darunter Constanze Klaues „Mit der Faust in die Welt schlagen“ aus Deutschland) sowie weitere Filme der Reihe Berlinale Special und Special Gala bekanntzugeben.
Dort wird etwa James Mangolds Bob-Dylan-Biopic „Like A Complete Unkown“ mit Timothée Chalamet als deutsche Premiere zu sehen sein, bevor der Film am 29. Februar in den Kinos startet.
Weitere Specials sind Burhan Qurbanis Shakespeare-Adaption „Kein Tier. So wild“ nach „Richard III.“, Marcin Wierzchowskis Doku „Das Deutsche Volk“ über die rassistischen Morde in Hanau 2020 und Edgar Reitz’ „Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes“ mit Edgar Selge, Lars Eidinger und Barbara Sukowa.
Doku über die Hamas-Geisel David Cunio
Bereits gemeldet hatte das Festival, dass zu den Galas außerdem Bong Joon-ho mit Spannung erwarteter „Mickey 17“ mit Robert Pattinson gehören. In „The Thing with Feathers“ von Dylan Southern ist Benedict Cumberbatch als trauernder Familienvater zu sehen, der seine Kinder nach dem Tod seiner Frau alleine großziehen muss. Die Sektion erinnert mit einer Doku über die Entstehung von „Shoah“ und einer Wiederaufführung der epochalen neunstündigen Holocaust-Dokumentation von Claude Lanzmann außerdem an dessen Veröffentlichung vor 40 Jahren.
Ebenfalls auf dem Programm: eine Doku über die Hamas-Geisel David Cunio von Tom Shoval. Im letzten Jahr wurde die scheidende Berlinale-Doppelspitze Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek nach einseitigen propalästinensischen Statements von Preisträgern und Jurorinnen bei der Bären-Gala mit Antisemitismusvorwürfen konfrontiert. Kritisiert wurde das Festival unter anderem dafür, dass es nicht namentlich auf das Schicksal des früheren Berlinale-Teilnehmers David Cunio (Hauptdarsteller in Shovals israelischem Drama „Youth“ 2013) aufmerksam gemacht hatte. Cunio ist bis heute in der Gewalt der Hamas.
Die Eröffnungsgala am 13. 2. mit Tom Tykwers Drama „Das Licht“ (außer Konkurrenz) wird live in sieben Kinos in Deutschland übertragen, wie Tricia Tuttle am Ende der Programmvorstellung bekanntgibt. Im Rahmen der Gala wird wie bereits gemeldet die britische Schauspielerin Tilda Swinton den Goldenen Ehrenbären entgegennehmen, Jury-Präsident ist dieses Jahr der US-Regisseur Todd Haynes.
Tuttles erste Pressekonferenz geht zügig, fast etwas zu nüchtern über die Bühne, es herrscht Arbeitsatmosphäre an diesem Vormittag im HKW. Bevor es um den Wettbewerg geht, warten Lyanga und Stütz kurz mit Zahlen auf: 41 Prozent der Regieführenden im Gesamtprogramm sind Frauen, 4 Prozent nonbinär, die Beiträge stammen aus 74 Produktionsländern.
In ihrem Eingangsstatement war Tricia Tuttle kurz auch auf die Berlinale als politisches Festival eingegangen: Wir können und wollen nicht davor zurückschrecken, es liegt in der DNA der Stadt und des Festivals“, sagte sie. Auch wenn wie bei allen Festivals die Nachrichtenagenda den Diskurs kurzfristig dominieren könne, hofft sie, dass das Publikum vor allem über die vitale Kunstform des Films diskutieren werde.
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