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Kultur: Abgründige Anarchie

KABARETT I

Carl-Einar Häckner ist ein Clown. Das muss in aller Deutlichkeit gesagt werden. Erstens, weil es die Bar jeder Vernunft schamhaft verschweigt und den Auftritt des jungen Schweden in ihrer Nachtkantine lieber mit zeitgeistkompatibleren Vokabeln wie „Chaosmagier“ und „Extremkomiker“ anpreist (noch bis 27.2, nur Fr/Sa). Und zweitens, weil Häckner eben kein x-beliebiger Clown ist. Einer, dem man zutrauen möchte, dem etwas verstaubten Berufsstand die Poesie, die Anarchie und die Abgründigkeit seines Humors zurückzugeben. Und wie alle guten Clowns ist Häckner ein trauriger Clown: Ein großes Kind, das vor Mitteilungsdrang birst und sich dabei beständig an der eigenen Hilflosigkeit stößt. Ein kläglich-komischer Outcast, dem in seiner wunderbar schäbigen Pappkarton-Kulisse partout nichts glücken will. Dem die abgestandenen Kunststücke aus dem „Zauberkurs für Anfänger“ natürlich prompt missraten und dem seine sentimentalen Hermann-van-Veen-Gedichte unversehens in sprachliche Seltsamkeiten verrutschen. Die Quadratlatschen und Schlabberhosen der klassischen Clowns hat er zwar gegen Plateau-Stiefeletten und eine geplatzte Lacklederhose eingetauscht, aber die Methode ist noch ganz die alte: Die endlosen Angänge, ein Kunststück vorführen zu wollen, bei dem am Ende doch nur ein klägliches Ergebnis herauskommt. Die kopfüber angetretene Flucht in Absurditäten, um sich aus brenzligen Situationen herauszumogeln. Häckners Humor ist der der Verweigerung – doch mit seinem verlegenen Lächeln und seinem stolperigen Akzent bringt er das Publikum dazu, ihm alles zu verzeihen. Und zu erkennen, dass die wirklich Liebenswerten nicht die Gewinner, sondern die Versager sind.

Jörg Königsdorf

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