zum Hauptinhalt
Eingeladen zum Theatertreffen. Florentina Holzingers „Sancta“.

© Florentina Holzinger Nicole Marianna-Wytyczak

Abschied und Ankunft: Das Programm des Theatertreffens 2025

Unter den zehn bemerkenswertesten Inszenierungen aus deutschen Landen, die im Mai ins Haus der Berliner Festspiele kommen, sind auch drei Berliner Produktionen.

Stand:

Dieser Ritterschlag ist auch ein Requiem. Berlin wird stark vertreten sein beim Theatertreffen im kommenden Mai, das gab jetzt die siebenköpfige Kritikerinnen- und Kritikerjury bei der traditionellen Pressekonferenz im Haus der Berliner Festspiele bekannt. Allerdings sind die drei Inszenierungen, die es unter die Auswahl der zehn bemerkenswertesten im deutschsprachigen Raum geschafft haben, sämtlich auf die eine oder andere Art mit Abschieden verbunden.

Vom Maxim Gorki Theater kommt „Unser Deutschlandmärchen“, die Bühnenadaption von Dinçer Güçyeters autofiktionalem Romandebüt, in dem es um die Verluste einer ersten Generation von Eingewanderten geht – und um eine berührende Mutter-Sohn-Geschichte. Ob allerdings der Regisseur dieser tollen Arbeit, Hakan Savaş Mican, dem Gorki auch erhalten bleibt, wenn Shermin Langhoff im kommenden Jahr die Intendanz abgibt und Çağla Ilk als Intendantin nachfolgt – das wird man abwarten müssen. Es dürfte in jedem Fall ein anderes Gorki werden.

Zu den Theatertreffen-Gewinnern zählt auch die Volksbühne: Eingeladen wird die letzte Arbeit des verstorbenen Intendanten René Pollesch, das Fabian-Hinrichs-Solo „ja nichts ist ok“. Ein Abend, der in den Augen der Jury „unser ganzes Gegenwartsgefühl zu beschreiben scheint“, den „hyperreflektierten Weltschmerz“ zwischen Kriegsbildern und Online-Shopping.

Als Co-Produzent beteiligt war die Volksbühne auch an Florentina Holzingers „Sancta“ – dieser Opernperformance nach Hindemith, die es sogar in die „Bild“-Zeitung geschafft hat („‚Sancta‘ schockt mit Sex, Gewalt und Blut!“). Wohin die Reise am Rosa-Luxemburg-Platz geht – mit welchem Budget und welcher Intendanz –, das ist ja aktuell noch offen. Holzinger, die als Leiterin im Gespräch war, wird es wohl nicht. Die Volksbühne bleibt Baustelle.  

Gleich zwei Arbeiten kommen auch aus der kulturpolitisch besser aufgestellten Hansestadt Hamburg, vom dortigen Schauspielhaus: „Bernarda Albas Haus“ von Alice Birch nach Federico García Lorca, in der Regie von Katie Mitchell. Und Anita Vulesicas Arbeit „Die Maschine oder Über allen Gipfeln ist Ruh“ – eine sprachfiebrige Goethe-Zerlegung des französischen Avantgarde-Autors Georges Perec, ursprünglich ein Hörspiel.

Brecht, fortgeschrieben

Ansonsten hat es von großen namhaften Häusern in Deutschland, Österreich und der Schweiz nur noch das Münchner Residenztheater in die Zehner-Auswahl geschafft: Luise Voigt zeigt in Berlin „Die Gewehre der Frau Carrar / Würgendes Blei“, ein Brecht-Stück plus Fortschreibung durch Björn SC Deigner. In diesem „Stück der Stunde“ (Jury) geht es um die zweifellos aktuelle Frage, ob Waffen Frieden bringen – oder nur weiteren Krieg.

Insgesamt 738 Inszenierungen in 88 Städten hat die Jury gesichtet. Und man muss anerkennen, dass sie dabei auch in die medial nicht ganz so hell ausgeleuchteten Theater-Regionen gereist ist. Vom Theater Magdeburg kommt die Adaption von Kim de l’Horizons queerer Befreiungsgeschichte „Blutbuch“ (Regie: Jan Friedrich), vom Hessischen Staatstheater Wiesbaden das Sam-Max-Stück „Double Serpent“ – in der Regie des durchaus prominenten Theatermachers Ersan Mondtag.

Auch nach Ästhetiken, die beim Theatertreffen nicht dauerpräsent sind, wurde Ausschau gehalten: Meryl Tankards „Kontakthof – Echoes of ‘78“ vom Opernhaus Wuppertal hat eine Einladung erhalten, als tänzerische Auseinandersetzung mit einer legendären Pina-Bausch-Arbeit.

Last but not least ist, als Novum, eine komplett virtuelle Inszenierung zu erleben: „(EOL). End of Life“, eine Koproduktion von DARUM und brut Wien. Dafür ist eine VR-Brille vonnöten, aber trotz aller physischen Abstraktion gehe es hier „buchstäblich um Leben und Tod“, so das Jury-Versprechen. In letzter Konsequenz also auch wieder ein Abschiedsstück.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })