„Come on!“ Jon Spencer holt zum großen Schlag aus, pumpt die Backen auf und flattert mit den Wimpern. Gekonnt dreht er sich um die eigene Achse und knallt mit einem mildem Lächeln auf die Bretter. Der Mann weiß, wie man rockt. Nach sechs Jahren hat er seine Blues Explosion wiederbelebt, um allen zu zeigen, wo der Blues mit den Schürfwunden wohnt. Dabei ist der Respekt, der ihnen entgegengebracht wird, heute nicht mehr so selbstverständlich und tief empfunden wie vor 15 Jahren, was freilich daran liegt, das die Konkurrenz mit den White Stripes und Black Keys mächtig aufgeholt hat. Trotzdem verbietet sich jede Kritik an der Auferstehung, wenn man sieht, wie schamlos das Trio aus New York beim Auftritt in der gut gefüllten Volksbühne das Publikum an den Ohren nimmt und „Blues Explosion! Number one!“ hineinbrüllt. Widerstand zwecklos.
Die Band spielt schlichtweg einen packenden Gig, der alle von den Sitzen reißt. Zwanzig Jahre Bandgeschichte werden zu einem funky Nonstop-Action-Beckenbrecher-Groove gebündelt, der kein lächelndes Rein- und Rausgleiten mehr kennt. Russell Simins drischt auf die Felle wie ein Bergarbeiter, der Kohle kloppt. Judah Bauer hält mit zerschlissenen Riffs die Stellung, und Obersprengmeister Spencer, den eine unbekannte Kraft zwingt, immer wieder mit zappeligen Ansprachen vors Publikum zu treten, bewegt sich mit seiner Kotelettenpracht und knallengen Lederhose wie Elvis in einer Las-Vegas-Show. Zwei Schritte zurück, einen vor, die Lippen eng ans Mikro gepresst, suhlt er sich in Parodien von Schluckauf-Rockabilly, Blues-Pathos und soulmäßigem Blubbern. Dabei nimmt er das Mikro gerne ganz in den Mund und zum Schluss lässt er noch mal sein beliebtes Theremin aufheulen, während die Kollegen in das schrille Getöse einsteigen, bis nichts mehr da ist außer dieser wüsten, soundgewordenen Wolllust.
Das Publikum johlt. Und sie wollen mehr. Denn sie wissen: Diese Musik macht stark und sexy. Und morgen kommt der Nikolaus. Volker Lüke