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Kultur: Berliner Ensemble: Theater könnte so schön sein - Claus Peymann bilanziert seine erste Spielzeit

Seit einem halben Jahr bespielt Claus Peymann das für 15 Millionen Mark sanierte Berliner Ensemble. Und schon liest sich seine Intendanz wie eine Erfolgsstory.

Seit einem halben Jahr bespielt Claus Peymann das für 15 Millionen Mark sanierte Berliner Ensemble. Und schon liest sich seine Intendanz wie eine Erfolgsstory. Was das alte BE in seiner letzten, auf acht Monate verkürzten Spielzeit schaffte, hat Peymann bereits nach sechs Monaten übertroffen: Die Auslastung wurde von 67 Prozent auf 81 Prozent, die Einnahmen von 1,6 auf 2,1 Millionen Mark gesteigert. Glückliches Theater - wären da nur nicht die fantasielosen Politiker und bösen Kritiker, die für Peymann die Frage aufwerfen: "Ist Berlin überhaupt bereit, kulturelle Metropole zu werden?"

Pressegespräche mit dem Zampano sind immer auch Inszenierungen. Unverzichtbar ist im ritualisierten Ablauf, dass Peymann Politikern und Kritikern die Leviten liest. Den Streit zwischen Michael Naumann und Christoph Stölzl um die Neuverteilung der Bundesmittel auf dem Berliner Kulturspielplatz findet Peymann "unwürdig und beschämend". Da gehe es doch um "lächerliche 30, 40, 50 Millionen; das sind doch Peanuts!" Und die 26 Millionen Jahressubvention des BE seien "das Minimum", mit dem das Haus "überhaupt existieren kann". Andernfalls verlasse er Berlin.

Gar nicht verstehen mag er, warum so manche von Wien nach Berlin transferierte Erfolgsaufführung ("Der Theatermacher", "Vor dem Ruhestand") nur milde belächelt und Neuproduktionen wie Achim Freyers "Hamlet" und Peymanns Kroetz-Premiere "Das Ende der Paarung" von der Kritik fast einhellig verrissen wurden. "Was wollen die eigentlich? Fast Food? Eine Pfauenfeder im Arsch? Kartoffelsalatschlachten ohne Ende?" Ein Theater à la Castorf und Ostermeier werde es, das machte Peymann auch ohne die Namen der Kollegen zu nennen, mit ihm, der "aus dem Nichts" heraus mit Stücken von Kroetz, Bernhard, Tabori, Brecht, Handke und Weiss ein "breit gefächertes Reportoire zeitgenössischer Autoren" aufgebaut habe, nicht geben.

Und womit will Peymann, der sich ausdrücklich "zum großen Text" bekennt, die Zuschauer, die zum größeren Teil aus der ehemaligen Westhälfte der Stadt kommen, in der nächsten Spielzeit ins Haus locken? Mit Molières "Tartuffe" (Regie: Tamás Ascher), Brechts "Kleinbürgerhochzeit" (Regie: Philip Tiedemann), den Uraufführungen von Elfriede Jelineks "Macht nichts" (Regie: Einar Schleef) und George Taboris "Frühzeitiges Ableben" (Regie: Tabori). Selbst inszenieren will Peymann die Uraufführung von Christoph Ransmayrs "Die Unsichtbare" sowie Büchners "Woyzeck".

Frank Dietschreit

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