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Die erste Musikschul-Demo fand am 24. Juni vor dem Berliner Abgeordnetenhaus statt, unter dem Motto „Musikschulen sichern für alle!“.

© dpa/Soeren Stache

Berlins Musikschulen in Not: Noch keine Lösung in Sicht

Ohne Honorarkräfte kein Musikschulbetrieb – aber ihnen droht weiter das Aus. Und um die Finanzierung von Festanstellungen wird nach wie vor gerungen.

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Instrumente mitbringen und schon mal die Noten runterladen („We Will Rock You“, „Demo-Groove“): Für den kommenden Montag um 12.30 Uhr lädt der Landesmusikrat Berlin zur zweiten Musikschul-Demo vor dem Berliner Abgeordnetenhaus.

Denn der Musikschul-Schlamassel nach dem Urteil des Bundessozialgerichts von 2022 ist nach wie vor nicht beseitigt, obwohl Kultursenator Joe Chialo vor der Sommerpause das Erarbeiten einer zeitnahen Lösung zugesichert hatte.

Nach dem sogenannten „Herrenberg“-Urteil dürfen Honorarkräfte nicht mehr regelmäßig an Musikschulen arbeiten, da es sich um Scheinselbstständigkeit handelt. Die Lehrkräfte müssen festangestellt werden – was den ohnehin unterfinanzierten und unter Personalmangel leidenden Musikschulbetrieb erheblich verteuert. Kostenpunkt in Berlin, laut Chialo: 20 Millionen Euro. Auch andere Bundesländer sind in Bedrängnis, kämpfen um die Finanzierung, haben Förderungen jetzt teils erhöht. In der Musikhauptstadt steht eine Lösung nach wie vor aus.

Denn der Vorschlag einer schrittweisen Festanstellung bis 2027 oder 2028 ist dem Landesmusikrat zufolge ein keineswegs rechtssicherer Weg. Folglich droht den rund 2000 Honorarkräften weiterhin das Aus: Nachdem vor der Sommerpause ein bundesweites Stillhalte-Moratorium mit der Deutschen Rentenversicherung bis Oktober vereinbart worden war, haben viele der freischaffenden Lehrer in Berlin Verträge fürs neue Schuljahr unterzeichnet – allerdings mit einer Sonderkündigungsklausel, falls es zu keiner rechtssicheren Lösung kommt.

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Auf Nachfrage des Tagesspiegel weist die Kulturbehörde auf die komplexe Gemengelage hin. Zum einen sind beileibe nicht nur Honorarkräfte an Musikschulen betroffen, sondern auch an Volkshochschulen, Jugendkunstschulen, Hochschulen und allgemeinbildenden Schulen – und zwar in ganz Deutschland. Zum anderen sei bei den Verhandlungen mit der Rentenversicherung Vertraulichkeit vereinbart worden, so ein Sprecher von Joe Chialo. Man sei in intensiven Gesprächen mit den Bezirksämtern, zudem müssen Entwicklungen in den Kommunen, Landkreisen, Ländern und auch Initiativen auf Bundesebene berücksichtigt werden.

Mit anderen Worten: Es dauert. Denn auch die Sparpakete im Berliner Landeshaushalt werden ja noch verhandelt. Eigentlich sind alle sich einig, auch quer durch die Parteien, dass gerade die Musikschulen als Basis einer guten musikalischen Bildung auskömmlich finanziert werden müssen. Ein guter Zeitpunkt also für weitere Proteste, nach einer ersten Demo im Juni.

Allein in Berlin haben praktisch alle großen Orchester und Opernhäuser Brandbriefe, Protestnoten oder Solidaritäts-Videos veröffentlicht. Die Berliner Philharmoniker fordern den Senat und die Bezirke auf, die 20 Millionen Euro bereitzustellen, damit nicht das Worst-Case-Szenario einer Massenentlassung von Honorarkräften eintritt.

Auch das Deutsche Symphonie Orchester befürchtet katastrophale Folgen. Manche Unterstützer fordern eine Möglichkeit, dass weiter freie Lehrkräfte unterrichten können,sollte eine hundertprozentige Festanstellung nicht bezahlbar sein.

Das Orchester der Komischen Oper betont dabei, dass künstlerische Bildung kein Privileg der „Besserverdienenden“ sein dürfe und gerade auch Kinder aus ärmeren Familien Zugang zu bezahlbarem Unterricht brauchen. Jedem Kind ein Instrument? Der alte Teilhabe-Slogan klingt plötzlich nach Zukunftsmusik.

Aber Musikschulen gehören mehr denn je zur Basis einer vielfältigen Gesellschaft. Deshalb dringt auch die Hanns-Eisler-Musikhochschule auf eine rasche Lösung, und der Dekan der Musikfakultät der UdK ruft mit zur Demo am 16. September auf.

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