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Kultur: Borat kann sehr böse werden

Eine „Zigeunerhochzeit“ in der Neuköllner Oper

Es will so viel auf einmal sein. Eine Zigeunerhochzeit und eine Reflexion darüber; spätromantische Oper, aber mit Mini-Orchester; eine Inszenierung, die Klamotte ist, aber auch politisch korrektes Schaustück über Sinti und Roma; schließlich ein Bühnenstück mit Spezialeinführung: Die Neuköllner Oper zeigt „Aleko. Eine Zigeunerhochzeit“ von Sergej Rachmaninow. Winfried Radeke hat die Partitur für ein achtköpfiges Ensemble eingeschmolzen, Bernhard Glocksin und Andreas Nathusius haben eine Neuköllner Fassung hergestellt. Sie verbreiten Festatmosphäre mit osteuropäischer Aura. Lassen Wodka einschenken und Kinder ausschwärmen, die die Gäste im Publikum am Ärmel zupfen. Werfen Dias an die Wand, die an „Borat“ erinnern. Schicken Bräutigam Aleko, der von seiner Braut Zemfira betrogen wird und später sie sowie den Nebenbuhler Sladjan erschießt („Aleko!“, singt sie, „ich sterbe“, ihr Liebhaber), als Moderator auf die Bühne.

Robert Rosenkranz wandelt im auberginefarbenen Anzug auf den kreuz und quer durch den Saal gestellten Tischbahnen entlang und erklärt uns „Froinden“ die Lage, in einem sorgfältig hergestellten Deutsch-Russisch, dem ein letztes Quäntchen Schmierigkeit fehlt. Nacheinander läuft die Festgemeinde auf. Golduhren und Pailletten, Netzstrümpfe und Zigarren, fünf Männer, drei Frauen, zu schnell, um sie innerlich zu sortieren. Nach 75 Minuten eingedünntem Einakter, nach Rück- und Seitenblenden ist das kleine Spektakel schon wieder vorbei. Zwei Menschen tot, die anderen entrüstet. Störrisch bleibt das Genre, schlecht zu verpflanzen. Wer der Oper die Fülle des Wohllauts nimmt, riskiert, dass kaum etwas übrig bleibt.

Wieder heute und morgen sowie am 1., 3. und 4. Februar, jeweils 20 Uhr.

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