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Cholerischer Enterich: Eine Szene aus „Rubeus Khan“.

© Reprodukt

Fantasy-Parodie-Comic „Rubeus Khan“: Alternativer Aggro-Erpel

Comiczeichner Bela Sobottke freut sich angesichts eines neuen Albums der Comicreihe „Donjon“ über das Kleine im Großen.

Ausufernde Handlungsepen, die sich über unzählige Comics und verschiedene Serien erstrecken, schrecken mich ab. Kürzlich las ich das erste „Future State Swamp Thing“-Heft und verstand nur Bahnhof; zum besseren Verständnis hätte ich wohl zweiundachtzig weitere Comics des aktuellen DC-Events lesen müssen.

Die Strategie dahinter ist klar: Der US-Verlag möchte die Leserschaft dazu bringen, sich sämtliche seiner Publikationen zu kaufen. Bei mir erreicht er jedoch das Gegenteil. Er schlägt mich in die Flucht.

Rubeus Khan, wie unser Autor ihn sieht.
Rubeus Khan, wie unser Autor ihn sieht.

© Illustration: Bela Sobottke

Möchte man erleben, wie dem Kleinen im Großen mehr Eigenständigkeit zugestanden wird, muss man auf unsere Seite des Atlantiks schauen, nämlich auf das „Donjon“-Universum der beiden Tausendsassa Joann Sfar und Lewis Trondheim. Ihre ausufernde Fantasy-Parodie umfasst sechs Serien (wenn ich richtig gezählt habe), fünf Zeitebenen und über 40 Alben, und diese Tatsache treibt mir bereits stressbedingte Schweißtröpfchen auf die Stirn.

Allerdings: Einzelne Alben sind auch ohne weitere „Donjon“-Expertise verständlich, insbesondere an den Rändern der Mega-Reihe. Der von Ausnahmezeichner Killoffer gestaltete Band „Die Armee der Tiefe“ ist beispielsweise so ein Solitär, und jetzt haben Sfar und Trondheim es wieder getan: „Rubeus Khan“ (aus dem Französischen von Ulrich Pröfrock, Handlettering von Dirk Rehm, Reprodukt, 48 S., 13 €) spielt 10.000 Jahre in der Zukunft und bezieht sich allein schon deshalb nur bedingt auf die restlichen Bände.

Robert von Vaucanson ist ein Erpel mit Aggressionsproblem, der als Nachtwächter für seinen reichen Onkel arbeitet und Zeuge eines Versicherungsbetrugs in dessen Roboter-Fabrik wird. Onkelchen hat nur seinen Profit im Sinn, macht den Neffen zum Sündenbock, lässt ihn in den Knast werfen und seinen kleinen Sohn entführen, dessen Rettung für unsere wütende Ente nun zum primären Ziel wird.

Eine weitere Seite aus „Rubeus Khan“.
Eine weitere Seite aus „Rubeus Khan“.

© Reprodukt

Es folgen Gefängniskloppereien, Ausbruch, und eine neue Karriere beim Krokodil-Paten. Als Schläger des Syndikats gibt sich Robert nun den Straßennamen „Rubeus Khan“ und wird der derben Bärin Mimi unterstellt, die großen Gefallen an ihrem neuen Soldaten sowie an blutiger Gewalt findet.

Blutige Schlägereien, Kampfroboter und Monster

Diese Vorliebe teilt sie mit dem 1969 in Paris geborene Zeichner Vince (mit vollem Namen Vincent Roucher), der seine Fähigkeiten seit vielen Jahren in Comic und Film einsetzt. Das Zeichnen von blutigen Schlägereien, zerquetschten Köpfen, Kampfrobotern und Monstern macht Vince sichtlich Freude. Mittendrin prügelt, blutet und schwitzt sich unser meistens im Unterhemd gewandete Enterich durch das Chaos.

Das Titelbild des besprochenen Albums.
Das Titelbild des besprochenen Albums.

© Repdodukt

Die wohlbekannte Konstellation vom wütenden und pechverfolgten Erpel mit kapitalistischem Onkel wird hier komplett übersteuert: Rubeus Khan wirkt wie die schmutzige Straßenversion von Donald Duck. Trotz Hang zur Gewalt bleibt der alternative Aggro-Erpel jedoch stets sympathisch und wächst einem schnell ans Herz. Daher wäre mir eine Fortsetzung, die das offene Ende aufklärt, übrigens ausdrücklich willkommen. Solange es nicht gleich ein endloses Epos wird.

Unser Autor Bela Sobottke ist Grafiker und Comiczeichner und lebt in Berlin. Der Held seines jüngsten Albums „Die Legende von Kronos Rocco“ teilt mit Rubeus Khan die Vorliebe für Unterhemden.

Bela Sobottke

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