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Dreiteiler an Bord: Was die Mode angeht, zeigt sich das 22. Jahrhundert mitunter sehr konservativ.

© promo

Science-Fiction-Serie "Mark Brandis" als Comic: Bürgerkrieg der Sterne

Mark Brandis war schon immer so etwas wie der hemdsärmelige Bruder von Perry Rhodan. Ein neuer Comic und ein Hörbuch laden zum Vergleich ein.

Wenn Perry Rhodan der Konfuzius im Sternenreich der Space-Operas ist, dann ist Mark Brandis sowas wie ihr Edmund Husserl: dort Jahrtausende überschauendes Abwägen und Ringen um Ausgleich und Verständigung im Angesicht von Superintelligenzen und Kosmokraten, hier gegenwartsorientiertes Zupacken im Angesicht des Faktischen. 

Schön illustrieren lässt sich der Unterschied allerdings weniger anhand der jüngsten, bei Cross Cult verlegten Perry-Rhodan-Comicadaption, die selbst recht actionorientiert ist, sondern eher anhand des kürzlich erschienen Rhodan-Hörbuchs „Rückkehr nach Terra“ und des neuen Mark-Brandis-Comics „Bordbuch Delta VII“.

Feiern Unsterbliche noch Geburtstag?

„Rückkehr nach Terra“ versammelt vier Hefte, die der deutsche Bestseller-Autor Andreas Eschbach („Das Jesus-Video“) über die Jahre für die Science-Fiction-Serie verfasst hat. Aus unterschiedlichen Erzähl-Zyklen stammend, wurden diese durch eine zu vernachlässigende Rahmenhandlung miteinander verwoben. Schnell geht es dabei um die Verantwortung, die ein Kommandant nach Raumschlachten mit zigtausenden von Toten zu schultern hat (Band 2295 – „Die Rückkehr“) oder es werden bei einem Undercover-Einsatz, der zur Flucht gerät (Band 1935 - „Der Gesang der Stille“), Fragen behandelt wie die, warum man als relativ unsterblicher Zellaktivatorträger keine Geburtstage mehr feiert, und was ewige Jugend für katastrophale Auswirkungen auf das Beziehungsleben hat.

Die Kollektion beinhaltet die Hefte "Der Gesang der Stille" (1935), "Die Rückkehr" (2295), "Die Falle von Dhogar" (2503) und "Der Techno-Mond" (2700).

© promo

Mit so etwas musste sich Mark Brandis, der ordentlich verheiratet ist und in einem noch deutlich vom Kalten Krieg inspirierten 22. Jahrhundert als Testpilot für die unabhängige Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik, kurz Vega, durchs All fliegt, nie beschäftigen. Ihn kümmerten in den 31 Romanen, die Nikolai von Michalewsky zwischen 1970 bis 1987 verfasste, stets handfestere Aufgaben: die Bewältigung einer Flüchtlingskrise („Alarm für die Erde“), die Entsorgung von radioaktivem Müll („Operation Sonnenfracht“) oder wie jetzt auch in der Comicadaption von „Bordbuch Delta VII“ , die der Berliner Zeichner Michael Vogt angefertigt hat, die Befreiung eines geputschten Präsidenten aus einem Militärgefängnis.

Disziplin und Ordnung

Natürlich ist das keine hohe Literatur, selbst wenn die Geschichten für eine Jugendserie erstaunlich erwachsen daherkamen und auch das Eheleben des Protagonisten ausführlich schilderten. Die in der inzwischen fast 40 Jahre alten Vorlage aufgeworfenen Fragen sind allerdings von zeitloser Aktualität: Wie wehrt man sich gegen einen totalitären Überwachungsstaat? Wann lohnt es sich überhaupt zu kämpfen?

Die Antworten, die Brandis manchmal betrunken an den Wänden von Weltraumpissoirs findet, sind geprägt von Pragmatismus und der Philosophie der Phänomenologie: Die Dinge sind, was sie sind, und ein Mann muss tun, was ein Mann tu muss. Brandis' Leitspruch: „Woran du glaubst, dafür sollst du leben und sterben“.  Es wundert wenig, wenn man erfährt, dass Michalewsky, selbst ein großer Freund von Disziplin, sich bei der Schilderung von Crew und Vega-Diensthierarchien am Alltag der Besatzung von Seenotrettungsschiffen orientierte.

Das Cover von "Bordbuch Delta VII". Die Fortsetzung soll im Herbst 2017 erscheinen.

© Panini

Auch was das angeht, hält sich Vogt eng an die Vorlage: stramme Körperhaltung, feste Blicke, viel "Aye, aye, Sir". Selbst seine Seitengestaltung folgt einer strengen Ordnung, was nicht schlecht sein muss. Auf Dauer wirken die Bilder und die gezeigte Welt auch aufgrund der sauberen Kolorierung jedoch arg steril und mitunter disparat. Bei der Mode des 22. Jahrhunderts beispielsweise gibt es gar keine einheitliche Vision: manche Politiker tragen futuristische Stehkragenuniformen, andere Parteisoldaten hingegen Anzüge mit Krawatten, die an die DDR anno 1960 oder Dreiteiler, die an die Weimarer Zeit erinnern.

Erst im Herbst geht's weiter

Teil zwei „Verrat auf der Venus“ soll erst im Oktober 2017 erscheinen. Wem das zu lange dauert, der kann sich die Wartezeit ja mit der äußerst stimmigen und stimmungsvollen Hörspieladaption von Mark Brandis verkürzen, die zwischen 2007 und 2015 von Interplanar Produktion herausgebracht wurde. Vom selben Team erscheint seit 2014 das Prequel "Raumkadett Mark Brandis", von dem es inzwischen elf Folgen gibt. Die Grundlage dafür bietet die Kurzgeschichte „Aufbruch zu den Sternen“, die 2012 auch als Bildergeschichte im Comicmagazin "Zack" erschien. Adaptiert und gezeichnet wurde sie von - Michael Vogt.

Nikolai von Michalewsky & Michael Vogt: Mark Brandis – Bordbuch Delta VII, Panini, 64 Seiten, 16,99 €

Andreas Eschbach: Rückkehr nach Terra, Lübbe Audio, 2 MP3-CDs, 833 Minuten, 14,99 €

Kai Hirdt & Michael Atiyeh: Perry Rhodan – Die Kartografen der Unendlichkeit, 112 Seiten, 20 Euro

Nikolai von Michalewsky, Balthasar von Weymarn, Regina Schleheck. Mark Brandis, Interplanar Produktion/Steinbach Sprechende Bücher/Universal, 23 Folgen

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