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Für Alt und Jung. Das Centre Belge de la Bande Dessinée ist eines von mehreren Comicmuseen in der Stadt.

© © Daniel Fouss

Comic-Hauptstadt Brüssel: Auf den Spuren von Tim, Struppi und Co.

Belgien gilt als Wiege des europäischen Comics. In Brüssel zeigt sich das an vielen Ecken der Stadt. Ein Rundgang führt zu Klassikern und Neuentdeckungen.

Vom Gare du Midi, dem Brüsseler Südbahnhof, muss der Besucher nur wenige Schritte gehen, um freundlich von zwei alten Bekannten begrüßt zu werden: Vom Dach eines eleganten Nachkriegsbürogebäudes lächeln die farbigen Köpfe der Comicfiguren Tim und Struppi herunter, hier bekannt als Tintin et Milou.

Das sich drehende Werbeschild ist ein Erkennungszeichen der Stadt. Es wurde 1958 errichtet, um den Sitz des Verlags Lombard zu zieren, der ab 1946 das Comicmagazin „Tintin“ herausgab. In ihm debütierten unzählige weitere Figuren, darunter der Rennfahrer Michel Vaillant, Detektiv Rick Master und Westernheld Comanche.

Moderner Klassiker. Frank Pés Wandbild seiner Figur Jonas Valentin und dessen Freundin war vor gut 30 Jahren eine der ersten Comic-Fresken in Brüssel.
Moderner Klassiker. Frank Pés Wandbild seiner Figur Jonas Valentin und dessen Freundin war vor gut 30 Jahren eine der ersten Comic-Fresken in Brüssel.

© imago images / viennaslide

Brüssel und die Comics: Es ist eine Liebesgeschichte. Die „Bandes Dessinées“, wie Comics im französischsprachigen Raum heißen, sind aus der belgischen Kultur nicht wegzudenken, seit Georges Remi alias Hergé 1929 mit dem ersten Abenteuer von Tim und Struppi den Grundstein für die dortige Comictradition legte.

Von Lucky Luke über Gaston bis zu Caroline Baldwin

Insbesondere Brüssel, gerne als Comic-Hauptstadt Europas bezeichnet, ehrt die Kunstform und ihre Schöpfer in der ganzen Stadt mit Denkmälern, Museen und Wandbildern.

Ein Wandgemälde mit den Figuren Boule und Bill des Zeichners Jean Roba.
Ein Wandgemälde mit den Figuren Boule und Bill des Zeichners Jean Roba.

© imago/Westend61

Charakteristisch für Brüssel sind die Comicfresken, die zahlreiche Hauswände, Mauern und Metrostationen schmücken. Am Grand Place, Brüssels prächtigem Marktplatz mit seinen historischen Zunfthäusern, kann man sich im Rathaus ein Taschenbuch kaufen („be comic strip - Brüssel, die Comic-Hauptstadt“), das den thematischen Rundgang auf einem Stadtplan kenntlich macht.

Damit lassen sich die mehr als 80 Comicfresken leicht ausfindig machen. Von Lucky Luke über Gaston bis zu Caroline Baldwin bilden sie vor allem bekannte belgische Comicfiguren ab, aber auch Asterix oder Corto Maltese sind darunter.

Trompe-l’œil-Effekte und Ralf König

Nahe der Rue du Marché aux Charbons, einer belebten Straße voller Cafés, finden sich besonders viele, darunter das allererste Fresko von 1991, das Frank Pés Comicfigur Jonas Valentin und seine Freundin Catherine gut gelaunt beim Schlendern durch Brüssel zeigt.

Einige Motive sind so geschickt in die Fassaden integriert, dass sich interessante Trompe-l’œil-Effekte ergeben. In einer Seitengasse findet sich auch der Beitrag eines deutschen Künstlers: Ralf Königs Fresko widmet sich der Vielfalt der LGBTQI*- Szene. An mancher Fassade lassen sich auch experimentelle Werke junger Street Art-Künstlerinnen und -Künstler entdecken.

Auch Ralf König hat in der Stadt seine Spuren hinterlassen.
Auch Ralf König hat in der Stadt seine Spuren hinterlassen.

© imago images/viennaslide

Zahlreiche Galerien wie die Galerie Champaka sind auf Comics spezialisiert und bieten wechselnde Ausstellungen. Comicbuchläden finden sich in jedem Viertel. Auf dem zentralen Boulevard Anspach logieren gleich zwei der besten Händler Brüssels: „Brüsel“ bietet auch signierte Kunstdrucke an, während „Multi BD“ ein etwas größeres Sortiment hat.

Comics und Jugendstil

Dazu kommen zahlreiche Comic-Museen. Das zentral gelegene „Centre Belge de la Bande Dessinée“ in der Rue des Sables wurde 1989 in einem 1906 erbauten, wunderschönen Jugendstilgebäude eröffnet. Darin sind auf drei Stockwerken Comicausstellungen zu sehen.

Anhand vieler Originalzeichnungen wird die Geschichte der Kunstform bündig vermittelt und ihre Vielfalt anhand unterschiedlicher Erzählformen und Zeichentechniken veranschaulicht, Wechselausstellungen kreisen um die Schlümpfe und ihren Schöpfer Peyo oder den Manga „Naruto“.

Für Alt und Jung. Das Centre Belge de la Bande Dessinée ist eines von mehreren Comicmuseen in der Stadt.
Für Alt und Jung. Das Centre Belge de la Bande Dessinée ist eines von mehreren Comicmuseen in der Stadt.

© © visit.brussels - Jean-Paul Remy

Anlässlich des 70. Geburtstags des Marsupilamis widmete sich bis vor Kurzem „The Houba Show“ dem von André Franquin erfundenen Fabeltier. Die teils wie ein Urwald dekorierte Ausstellung wirkte auch auf Kinder anziehend.

Dieses Wandgemälde zeigt Hergés Figuren Quick et Flupke, auf Deutsch bekannt als Stups und Steppke.
Dieses Wandgemälde zeigt Hergés Figuren Quick et Flupke, auf Deutsch bekannt als Stups und Steppke.

© imago images/Andia

Der flämische Comiczeichner Marc Sleen (1922-2016) wird ebenfalls geehrt. Sleen zeichnete von 1947 bis 2002 ganze 217 satirische Alben um seine Figur „Nero“, einen Brüsseler Kleinbürger, der zahlreichen Staatsmännern seiner Zeit begegnete - von Stalin bis Saddam Hussein. Dadurch schaffte Sleen es 1992 als „produktivster Zeichner der Welt“ ins Guinness-Buch der Rekorde.

Gegenüber ist das kleine „Museum Marc Sleen“ untergebracht. In der Ausstellung „Congo Comics“ werden Arbeiten heutiger afrikanischer Zeichner strittigen stereotypen Darstellungen von Afrikanern im Werk Sleens gegenübergestellt. Junge Brüsseler Comicschaffende sind hier als Gäste der „Stiftung Marc Sleen“ zu Gast und zeichnen live zwischen den Ausstellungsflächen.

Ein Wandgemälde mit Motiven aus Hugo Pratts „Corto Maltese“.
Ein Wandgemälde mit Motiven aus Hugo Pratts „Corto Maltese“.

© IMAGO/viennaslide

Hier treffen die Schlümpfe auf den Hulk: Nahe des Bahnhofs Central befindet sich das Figurenmuseum „Moof“. Private Sammler haben sich zusammengetan, um ihre umfangreichen Kollektionen an (teils lebensgroßen) Comic-Figurinen auszustellen, die thematisch geordnet in Schaukästen ausgestellt werden.

Unbekannte Seiten von Hergé

Schließlich befindet sich außerhalb von Brüssel in Louvain-La-Neuve das Hergé-Museum. Das 2009 eröffnete Gebäude besticht durch moderne Architektur und großzügige Ausstellungsflächen. Auf mehreren Etagen werden Leben und Werk des Tim-und-Struppi-Schöpfers dargestellt.

Originale Comicseiten und Artefakte wie Hergés Zeichentisch lassen die Besucher nachvollziehen, wie seine Meisterwerke entstanden sind.

Der Eingangsbereich des Hergé-Museums.
Der Eingangsbereich des Hergé-Museums.

© imago stock&people

Auch die frühen Illustrationen und Werbegrafiken aus den 30er Jahren sind sehenswert. Hergés Interesse für die abstrakte Malerei, sein Kontakt zu Andy Warhol und seine malerischen Versuche in den 60er Jahren zeigen ungewohnte Seiten.

Brüssel bleibt natürlich auch die Stadt der Hochkultur. Doch zwischen Brueghel, Magritte, königlichen Schlössern und dem berühmten Atomium schlagen sich die Comic-Helden erstaunlich gut. Und viele Motive aus legendären Geschichten sind in Brüssel real erlebbar.

So spielt etwa eine zentrale Szene im Tim- und-Struppi-Album „Das Geheimnis der Einhorn“ auf dem Flohmarkt am Place du Jeu de Balle im Marollesviertel. Der jeden Morgen geöffnete Flohmarkt bietet allerlei Trödel und Fundstücke - Comics sind natürlich auch darunter.

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