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Die Geschichten spielen an allen Fronten des Zweiten Weltkriegs.

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Comic-Klassiker „Ernie Pike“: Der Krieg des einfachen Soldaten

Lakonische, an Mailer und Hemingway geschulte Skizzen gebrochener Menschen: Die gesammelten „Ernie Pike“-Geschichten von Hugo Pratt und Héctor Oesterheld.

Der Literaturnobelpreisträger John Steinbeck notierte einmal: „Es gibt zwei Arten von Krieg und sie haben nicht besonders viel miteinander zu tun. Es gibt den Krieg der Karten und Truppenbewegungen, der Feldzüge, Armeen, Divisionen, Regimenter und der ballistischen Theorien – das ist der Krieg der Generäle.

Und dann ist da der Krieg des einfachen Soldaten, oftmals im Kampf mit Ungeziefer und ausgelaugt von ständiger Übermüdung, einmal zu Scherzen aufgelegt und dann wieder sich gänzlich der Gewalt hingebend.“

Steinbeck bezog letzteres auf die Kriegs-Reportagen des US-Amerikaners Ernie Pyle, der dem argentinischen Autor Héctor G. Oesterheld als Vorbild für seinen fiktiven Kriegsreporter Ernie Pike diente.

Und so lässt sich Steinbecks Zitat unschwer auch auf Oesterhelds ab 1957 veröffentlichte Kurzgeschichten anwenden: lakonische, an Norman Mailer und Hemingway geschulte Skizzen gebrochener, seelisch wie körperlich versehrter, moralisch oft nicht eindeutig einzuordnender Menschen.

Der Italiener Hugo Pratt, der mit Oesterheld schon den Abenteuercomic „Ticonderoga“ schuf, illustrierte 34 davon, die nun erstmals vollständig in dem Hardcover-Band „Ernie Pike“ (Übersetzung André Höchemer, avant, 364 S., 49 €) versammelt wurden.

Glorifiziert wird nichts

Pratt illustriert die oft leisen Geschichten, die von dem Erleben einfacher Soldaten erzählen, die ihre Freundinnen zurücklassen, in Panzerschlachten in der Wüste verrückt werden oder in Dschungeln die unerklärlichen Spuren brutaler Kämpfe finden, in der rauen, realistischen Bildsprache, die später seinen „Corto Maltese“ berühmt machen sollten: harte Konturen, starker Einsatz von Schatten und ein präziser Blick für Details an Uniformen.

Der Sammelband vereint 35 Geschichten der Reihe „Ernie Pike“, die Hugo Pratt gezeichnet hat.
Der Sammelband vereint 35 Geschichten der Reihe „Ernie Pike“, die Hugo Pratt gezeichnet hat.

© Avant

Natürlich umweht auch diese Erzählungen stets der Geist, der den Krieg als das letzte, endgültige Abenteuer beschreibt. Nicht selten ist Selbstlosigkeit, Aufopferung und Heldenmut zentrales Thema. Glorifiziert wird hier jedoch nichts.

Welche Folgen diese mörderische Faszination hat, wird weder in Text noch im Bild ausgespart. „Es muss einen Ort geben, wo man diese aus Mut und Konflikten gestrickten Tragödien für die Menschheit festhält“, sagt Pike in der Geschichte „Zwei Freunde“. Oesterheld und Pratt haben ihn geschaffen. Das Ergebnis ist Zeitdokument und große Kunst

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