
Märkischer Mystery-Thriller: Der Mensch als Bestie
Biedermeierkulissen und expressionistischer Furor: Die Hamburger Zeichnerin Birgit Weyhe hat Theodor Fontanes „Unterm Birnbaum“ adaptiert.
Theodor Fontane war auch ein großer Kriminalschriftsteller. Seine lange als Nebenwerk abgetane Novelle „Unterm Birnbaum“ ist ein im märkischen Sumpfland angesiedelter Mystery-Thriller, der es mit den Schauergeschichten von Arthur Conan Doyle oder Wilkie Collins aufnimmt.
Die Hamburger Zeichnerin Birgit Weyhe, die lange auch für den Tagesspiegel gearbeitet hat, treibt in ihrer Graphic Novel („Unterm Birnbaum“, Carlsen, 80 S., 12 €) das Dunkle, Gespensterhafte auf die Spitze.
Eine schöne Frau treibt tot in der Oder
Die Äste des Birnbaums, unter dem ein Skelett gefunden wird, formen sich zum Totenschädel. Eine schöne Frau, fahl wie die Ophelia des viktorianischen Malers John Everett Millais, treibt tot in der Oder.
Und die Tarotkarten von Mutter Jeschke, der Wahrsagerin, prophezeien, wie alles enden wird: übel. Oben liegt Gevatter Tod, der sensenschwingende Knochenmann.
Der Gastwirt Abel Hradscheck und seine Frau, eine Lady Macbeth vom Lande, erschlagen einen Weinlieferanten, bei dem sie verschuldet sind. Ihres Lebens werden sie nicht mehr froh.

Weyhe vertieft sich in ihrem Band, der in der von Isabel Kreitz herausgegebenen Reihe „Die Unheimlichen“ erscheint, in Biedermeierkulissen, manche Zeichnung entfacht expressionistischen Furor. Schwarz kreisen Krähen über dem Baum. Dann blüht er auf. Neue Birnen wachsen.