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Geniale Verbindung: Fuchs und Barks bei einem Treffen in Deutschland.

© dpa

Comic-Geschichte: Die Unsterbliche

Ernst Horst huldigt in dem Buch „Nur keine Sentimentalitäten“ der Donald-Duck-Übersetzerin Erika Fuchs.

Sie war nicht mehr jung, und sie brauchte das Geld. So muss man sich das erklären, warum Erika Fuchs, promovierte Kunsthistorikerin und somit maßlos überqualifiziert in ihrem 45. Lebensjahr den Job als Chefredakteurin bei der deutschen „Micky Maus“ übernahm. Damals, im fernen Jahre 1951.

Rückblickend muss gesagt werden: Etwas bessere hätte dem Heft gar nicht passieren können. Übersetzerin wurde sie nämlich gleich mit. Und als solche übertrug sie nicht einfach Wort für Wort, sondern passte an, verbesserte, überhöhte oder erfand neu und mogelte verspielte Goethe-, Schiller- oder Udo-Jürgens-Zitate in die Sprechblasen. So wurde aus „Schund“ eine „Alltagsgeschichte des westdeutschen Bildungsbürgertums der 1950er- und 1960er- Jahre“, wie Ernst Horst, der Autor der Laudatio „Nur keine Sentimentalität“ befindet. Damit steht er nicht allein. Als Erika Fuchs 2005 verstarb, war ihr „Dem Ingenieur ist nichts zu schwör“ bereits unsterblich.

Besondere Überraschungen bietet das vorliegende Buch also nicht. Dafür ist es gründlich aufgearbeitet. In streng monothematischen Kapiteln zeichnet Ernst Horst, der Ehrenpräsiderpel der Deutschen Organisation der nichtkommerziellen Anhängern des lauteren Donaldismus (kurz D.O.N.A.L.D), nach, „wie Dr. Erika Fuchs Entenhausen nach Deutschland verlegte.“

Er klopft die Übersetzungen in Bezug auf Essensgewohnheiten, Literaturzitate, Geografie und Geschlechterbeziehungen ab, weist auf Unterschiede zum Original hin, auf Parallelen in Fuchs' Biografie, gelegentliche Fehler und auch Fragwürdiges. Szenen in denen die Panzerknackerbande Lieder der Hitlerjugend verfremdet oder Dagobert Duck vom „Untermenschen“ faselt, gab es nämlich auch.

Mit mehr als 250 Zeichnungen von Carl Barks ist das Buch schön bebildert, die Schreibe des Autors flott, mit Tendenz zum Flapsigen – da werden schon mal Italiener zu „Olivenölpanschern“. Geschenkt. Nicht zuletzt dank des üppigen Anhangs bleibt es eine ergiebige Fundgrube für Fans. Auch denen sei jedoch zu wohldosierter Lektüre geraten, denn so fraglos gut sich der Autor in der Materie auskennt, eine richtige Geschichte erzählt er nicht. Am Stück konsumiert kann die hier hintereinander abgearbeitete Faktenwut damit etwas ermüden.

Ernst Horst: „Nur keine Sentimentalitäten – Wie Dr. Erika Fuchs Entenhausen nach Deutschland verlegte“, Blessing, 384 Seiten, 22,95 Euro. Leseprobe unter diesem Link.

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