zum Hauptinhalt
In der Kunstschule: Eine Szene aus „Blue Period“.

© Manga Cult

Manga „Blue Period“: Der Traum vom Künstlerleben

Der Manga „Blue Period“ verbindet Wissenswertes über die Kunst und die japanischen Ausbildungswege mit einer Coming-of-Age-Geschichte.

Der Titel der Mangareihe „Blue Period“ (Manga Cult, bislang vier Bände, je 223/192 S., 10 €) bezieht sich auf eine Schaffensperiode Pablo Picassos, über die gesagt wird, dass sie von wesentlicher Bedeutung für die Stilfindung des Künstlers war. Die Zeichnerin Tsubasa Yamaguchi wählte diesen Namen nicht von ungefähr, denn auch ihr Protagonist Yatora startet in der Kunst und im Leben gerade erst durch.

Der fleißige Junge, der gern mal mit seinen Freunden um die Häuser zieht, um es seinem Vater rechtzumachen, aber genauso ernsthaft für gute Noten lernt, um seine Mutter nicht zu enttäuschen, findet im Kunstklub seiner Schule einen Sinn im Leben. Er entdeckt erstaunt, dass er sich durch seine Bilder ausdrücken und besser mit seinen Mitmenschen kommunizieren kann – eine Sprache ohne Worte.

Ehe er jedoch seinen neuen Traum akzeptieren kann, muss er zunächst aus seiner Komfortzone ausbrechen und zu sich selbst finden.

Mit Yatora wählte die Manga-ka einen ganz normalen Jugendlichen aus, der weder besondere Talente hat noch am Rand der Gesellschaft steht. Der Junge lebt sein Leben mangels Alternativen gemäß den Wünschen seiner zugewandten Eltern und den Erwartungen seiner Freunde. Er lässt sich nicht gehen und arbeitet hart, um Erfolge zu erzielen. In seinen Augen ist es zunächst müßig, die eigene Meinung oder die eigenen Gedanken kundzutun.

[In dem in der Renaissance spielenden Manga „Arte“ wird der Weg einer Malerin in der Männerwelt nachgezeichnet - mehr dazu hier.]

Sein weiterer Weg scheint vorherbestimmt: Eine gute Uni, ein guter Job. Der Einblick in die Welt der Kunst, den ihm seine engagierte Fachlehrerin verschafft, eröffnet ihm jedoch plötzlich neue Perspektiven und Ausdrucksmöglichkeiten. Zuvor unbekannte Gefühle stellen seine Welt auf den Kopf.

Anleihen bei Künstlerkollegen und berühmten Malern

Im Kunstklub und später in der Vorbereitungsschule sowie an der Uni lernt der junge Mann interessante und seinen weiteren Weg prägende Menschen kennen, bei denen Tsubasa Yamaguchi aus dem Vollen schöpft. Hier sind jede Menge Stereotype versammelt, die in ihrer bunten Vielfalt doch authentisch wirken.

Eine weitere Seite aus „Blue Period“.
Eine weitere Seite aus „Blue Period“.

© Manga Cult

Sei es Ryuji alias Yuka, eine junge Schönheit mit unbestimmter Geschlechtsidentität, die kein Blatt vor den Mund nimmt und aus schwierigen Familienverhältnissen stammt. Die burschikose Umino, die fürs Illustrieren brennt. Die unscheinbare, zarte Beste des Klubs, der geniale harsche Einzelgänger oder die Dojinshi (japanische Fan- und Independent-Comics) zeichnende Manga-Liebhaberin.

Sie alle nehmen mehr oder weniger Einfluss auf Yatora und einige werden für seine Entwicklung als Künstler zu Schlüsselfiguren.

Zeichnerin Tsubasa Yamaguchi lässt in ihrem verzerrt-kantigen, zuweilen auf das Nötigste reduzierten Manga-Stil Kunstepochen und Stilrichtungen einfließen und verwendet als Clou reale Kunstwerke von Künstlerkollegen und bekannte Meisterwerke berühmter Maler.

Sie vermittelt anschaulich Wissenswertes über Zeichen- und Maltechniken, legt Japans Ausbildungswege und -bedingungen kritisch offen und bettet lehrreiche Betrachtungen in ein kurzweiliges Coming-of-Age-Schulszenario ein.

Mehrfach mit Manga-Preisen ausgezeichnet

Die rasant erzählte Geschichte umfasst in Japan mittlerweile acht Bände und ist noch nicht abgeschlossen. Hierzulande sind bei Manga Cult bereits vier davon erhältlich.

Das Titelbild des vierten Bandes des Reihe.
Das Titelbild des vierten Bandes des Reihe.

© Manga Cult

„Blue Period“ wurde zweimal für den japanischen Buchhandelspreis „Manga Taisho Award“ nominiert, und gewann die Auszeichnung 2020. Der Titel stand außerdem zweimal auf der Nominierungsliste für den renommierten „Kodansha Manga Award“ und entschied das Rennen 2020 in der Kategorie Allgemein für sich.

Im selben Jahr wurde die Serie zudem für den „Osamu-Tezuka-Kulturpreis“ nominiert, der jährlich von einer aus Branchenkennern und Künstlern bestehenden Jury und der japanischen Tageszeitung „Asahi Shimbun“ vergeben wird. Wer sich für die Kunstszene Japans interessiert, kommt an diesem Werk nicht vorbei.

Sabine Scholz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false