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Grober Strich, schräge Charaktere: Eine Seite aus „Fante Bukowski – Ein amerikanischer Traum“.

© avant

The Big Bukowski: Memoiren eines Möchtegern-Großschriftstellers

In seiner Comic-Trilogie „Fante Bukowski“ verarbeitet Noah Van Sciver eigene Erfahrungen mit dem Literaturbetrieb und dem prekären Leben.

Der junge ehemalige Rechtsanwaltsgehilfe Kelly Perkins hat nur einen Wunsch: ein bedeutender Schriftsteller zu werden. Er ist davon überzeugt, das dafür nötige Talent zu haben. Doch leider hat sonst noch niemand dieses Talent wahrgenommen.

Trotz seines cleveren neuen Pseudonyms – zusammengesetzt aus den Namen zweier US-Autorenlegenden, Charles Bukowski und John Fante – fallen dem arbeitslosen Möchtegern-Großschriftsteller zunächst nur Kurzgeschichten ein.

Umso kreativer ist er dabei, blasierte Leute aus dem Literaturbetrieb auf Partys anzuquatschen und sie von seinem künftigem Ruhm zu überzeugen. In schreibwütigen Nächten und Anfällen von Genialität gelingen Fante dann Sätze wie „Jeder, der Macht besitzt, ist ein Pfosten“.

Der vollbärtige, leicht übergewichtige Protagonist der tragikomischen Graphic Novel „Fante Bukowski – Ein amerikanischer Traum“ (Übersetzung: Benjamin Mildner, avant, 416 S., 30 €) erinnert in seiner sympathischen Selbstüberschätzung an den „Dude“, die von Jeff Bridges gespielte Hauptfigur des Films „The Big Lebowski“.

In der Underground-Tradition von Robert Crumb

Der 1984 geborene amerikanische Zeichner Noah Van Sciver hat die Erlebnisse seines Protagonisten – und die parallel erzählte, nicht weniger witzige Karriere der erfolgreichen jungen Autorin Audrey – seit 2015 in drei Bänden beim US-Verlag Fantagraphics veröffentlicht.

Das Titelbild des besprochenen Bandes.
Das Titelbild des besprochenen Bandes.

© avant

Seit 2006 veröffentlicht Van Sciver Comics, zunächst als Self-Publisher, bis er 2012 mit einem Comic über Abraham Lincoln und autobiografischen Arbeiten wie dem „Ignatz“-prämierten Band „My Hot Date“ (2015) erste Anerkennung fand. „Fante Bukowski“ ist sein Durchbruch.

Der Berliner Avant-Verlag bringt die in bester Underground-Comic-Tradition eines Robert Crumb stehenden Anekdoten um Fante Bukowski nun als dicke Gesamtausgabe heraus.

„Comiczeichner sind fantastische Liebhaber“

Und die Zeichnungen? Auf den ersten Blick ist Van Scivers grafischer Stil simpel. Mit dicken Filzstiftlinien und in gedeckten Farben betont er die Konturen seiner oft missmutig wirkenden Figuren, die allesamt Karikaturen realer Personen zu sein scheinen.

So ist der etwas grobe Strich letztlich doch sehr treffend und passt zum schrägen Charakter seines Protagonisten, der angesichts zahlreicher peinlicher Situationen immer wieder vor Scham errötet.

Ein besonderes Gespür hat der Amerikaner für lebensechte, überspitzte Dialoge, die sowohl den Literaturbetrieb, etwa in der Person eines arroganten Agenten, als auch Fantes prekäres Umfeld mit Figuren wie der namenlosen Prostituierten mit Herz („Comiczeichner sind fantastische Liebhaber“) widerspiegeln.

So kann der Leser nicht nur Spaß daran haben, den Werdegang eines sympathischen Losers zu verfolgen, der von ersten, harmlosen Fettnäpfchen tief hinein in die Abwasserregionen des Lebens führt, während die angestrebten Literaturweihen in weite Ferne rücken. Er kann auch mitleiden: Laut eigener Aussage hat der Autor eigene Erfahrungen verarbeitet.

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