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Zukünftiger Revolutionär und entflohene Sklavin: Julio Machado und Isabél Zuaa.

© Berlinale

"Joaquim" im Berlinale Wettbewerb: Das Gold und der Kämpfer

Reiten, Saufen, Feuermachen: Das Kolonialdrama „Joaquim“ von Marcelo Gomes aus Brasilien läuft im Berlinale-Wettbewerb.

Ein bisschen leidtun kann sie einem schon in diesem Jahr, die internationale Jury. Nicht, weil ihr die Entscheidung zwischen lauter guten Filmen schwerfallen wird, sondern weil es bisher nur wenige bärenwürdige Filme gibt, die sich dann aber gleich für alle Kategorien anbieten.

„Joaquim“ gehört jedenfalls nicht dazu: Die brasilianisch-portugiesische Produktion soll an die Biografie des Tiradentes, Zahnzieher, genannten Joaquim José da Silva Xavier erinnern, einen 1746 geborener Kämpfer gegen die portugiesische Kolonialherrschaft und für die Abschaffung der Sklaverei. Der Film folgt Joaquim und einer ethnisch gemischten Gruppe von vier Mitstreitern zunächst auf eine Expedition, bei der sie neue Goldvorkommen erschließen sollen. Die fünf Männer müssen sich durch den Sertão, eine bergige Wüstenlandschaft im Nordosten Brasiliens schlagen, die als unzugänglich gilt.

Man sieht sie reiten, Schnüre verknoten, saufen, Feuer machen, wieder reiten. Ihre weißen Leinenhemden sind malerisch zerschlissen, die Zähne und Fingernägel angemessen schwarz, die Haare verfilzt, und wenn sie ihre Pferde durch einen Fluss ziehen, dann sieht man den Schauspielern die Mühe an, die ihnen die ungewohnte Aufgabe bereitet. Mal marschieren sie auf einem Felskamm entlang, mal kauern sie sich in eine Höhle. Ein Angehöriger eines indigenen Volkes ist der Wegbereiter; er singt mitunter sehr schön und traurig; und ein Sklave, der Joaquim „gehört“, stimmt in den Gesang mit ein.

Joaquim wird Revolutionär, ohne dass man richtig weiß warum

Zwischendurch ist von wilden Tieren und Ungeziefer die Rede, zu sehen ist davon nichts, ebenso wenig vom Gold, das die fünf doch so unbedingt finden wollen, obwohl sie doch den größten Teil der Kolonialregierung übergeben müssten, wenn sie welches fänden. Ein bisschen fantasieren sie, was sie mit ihrer Belohnung täten: Einer will eine neue Uniform, der Zweite weiß es nicht, nur Joaquim will seine Geliebte, eine entflohene Sklavin, deren Namen er nicht einmal weiß, freikaufen. Also waschen sie unverdrossen Kies und geraten immer weiter in die Wildnis.

Erst nachdem sie unverrichteter Dinge umgekehrt sind, wird Joaquim zum Revolutionär, ohne dass man genau wüsste, warum. Der brasilianische Regisseur Marcelo Gomes, der vor drei Jahren mit dem wunderbaren, ästhetisch anspruchsvollen Stadtmenschen-Film „The Man of the Crowd“ im Panorama vertreten war, den er zusammen mit dem bildenden Künstler Cao Guimarães inszeniert hatte, zeichnet nun verantwortlich für „Joaquim“. Aber diesem Film fehlt alles, was „The Man of the Crowd“ auszeichnete: klare Konzeption, sorgfältig komponierte Einstellungen, minimalistische Schauspieler und vor allem eine Geschichte.

Es mag sein, dass Gomes etwas erzählen wollte, etwa von den ethnischen Minderheiten in Brasilien und den Migrationsbewegungen, von der wirtschaftlichen Ausbeutung des Landes durch die Kolonialherren und der Klassen- und Männergesellschaft, die die Kolonisatoren bildeten, von der brutalen Gesetzlosigkeit des Lebens in den Kolonien, wo jede Art von Glücksrittern der eigenen Gier folgte. Aber dann hätte er das auch erzählen sollen.

17.2., 12 Uhr und 18.30 Uhr (Friedrichstadtpalast),

18.2., 9.30 Uhr (Zoo Palast 1), 19.2., 22.30 Uhr (International)

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