Kultur: Der Glanz der Großstadt
Blank gefegt: das DSO und Ingo Metzmacher
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Nachtigall, ick hör dir gar nicht trapsen. Ingo Metzmacher und das Deutsche Symphonie-Orchester lassen Igor Strawinskys „Chant du rossignol“ (Gesang der Nachtigall) in der Philharmonie so elegant aufsteigen, dass man sich begeistert die Ohren reibt. Den schlanken Klang des Orchesters und die helle Saalakustik veredelt der künftige DSO-Chefdirigent zur blitzenden Art-déco-Musik: coolgroßstädtisch, metallisch glänzend, fortschrittseuphorisch. Neue Formen, ausgeführt mit feinsten Materialien. Auch bei Hector Berlioz’ „Les nuits d’été“ interessiert sich Metzmacher weniger für das spezifische parfum dieses Schlüsselwerks französischer Romantik als vielmehr für Durchhörbarkeit und Puls, für die clarté eben, die interpretatorische Erhellung der Partitur. In Susan Graham hat er die ideale Solistin: Strahlend wie ein blank gefegter Himmel nach dem Sommergewitter ist ihr Mezzosopran, wahrhaft eine Stimme der Aufklärung.
Nach der Pause gewährt Metzmacher dann einen Blick in die Kitschecke seines Herzens: Alexander Zemlinskys Tongemälde „Die Seejungfrau“ ist ein sinfonischer Ölschinken, opulent orchestriert, aber letztlich nur 45 Minuten Oberflächenreiz, naiv entlangkomponiert am Andersen-Märchen. Klingendes Talmi, das man durchaus goutieren kann, wenn der Dirigent so engagiert dafür wirbt wie Metzmacher und seine Musiker so hochprofessionell darauf einsteigen wie das Deutsche Symphonie-Orchester an diesem Abend.
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