
© Gustav Düsing & Max Hacke, Berlin/Foto: Iwan Baan
Deutscher Architekturpreis: Wenn Reduktion und Schönheit zusammentreffen
Reduzierte Konstruktion und schonender Umgang mit Ressourcen zeichnet die diesjährigen Preisträger-Entwürfe aus. Das ist ein gutes Signal.
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Zwei junge Berliner Architekten haben den Deutschen Architekturpreis 2023 gewonnen, mit einem Entwurf, der ganz zu Anfang ihrer beruflichen Selbstständigkeit entstand. Die liegt bereits sechs Jahre zurück und zeigt, wie viel Zeit es in der Architektur braucht, um Neues nicht nur zu entwerfen, sondern dann auch tatsächlich zu bauen. Gustav Düsing und Max Hacke, die Preisträger, haben seither bereits viel an Erfahrung gewonnen, und dochgehört ihr ausgezeichnetes Gebäude zum Beginn einer grundsätzlichen Wende der Architektur hierzulande.
Zwar beeindruckte die Jury das auserkorene „Studierendenhaus TU Braunschweig“ als Beitrag zu einer „zeitgemäßen akademischen Lernumgebung“, und so bleibt es aufgrund dieser besonderen Zweckbestimmung eher ein Solitär. Vorbildlich auch für alle anderen Bauaufgaben aber ist das bis auf sein Traggerüst reduzierte Bauwerk durch Materialeinsparung sowie einfache Montage und Demontierbarkeit – Kriterien, die weit über das belobigte Objekt hinaus für das Bauen insgesamt immer wichtiger werden, ja künftig unverzichtbar.
Mit dem Braunschweiger Lern-Haus mag die Jury sich ein bisschen auch am jugendlichen Schwung der Preisträger begeistert haben. Warum auch nicht! Doch unterstreichen die weiteren zehn „Auszeichnungen“ und „Anerkennungen“ des Staatspreises die Ernsthaftigkeit, mit der der Wandel im Bausektor insgesamt voranschreitet und durch Preisvergaben sichtbar gemacht wird. Dem Preisträgerbau folgen gemäß der Jury Projekte fast durchweg in Holz- oder Holzhybridbauweise, und stets wird eine bewusst einfache, auf das Notwendige reduzierte Konstruktion gelobt oder aber der schonende Umgang mit vorhandener Substanz.
Zugleich sind die Bauten, unter ihnen eine Wohnanlage für einkommensschwache Mieter in Nürnberg, eine Landmaschinenhalle im Voralpenland oder ein umgebauter Hafenspeicher in Berlin, von großer Schönheit. Sie zeigen, dass die Ästhetik nicht zurückstehen muss, wenn sparsamer gebaut wird, mit nachhaltigerem Material, mit Blick auf Nachnutzung und Wiederverwendbarkeit. Im Gegenteil.
Muss die Schönheit des natürlichen, möglichst naturbelassenen Baustoffs Holz überhaupt hervorgehoben werden? Vielleicht ja doch; zumal, wenn es um Sichtbarmachen der Baukonstruktion geht. Das abgedroschene Wort vom „Less is more“, weniger ist mehr, bekommt hier einen neuen, volleren Sinn.
Preise und Auszeichnungen gehen der Fülle des Baugeschehens voraus. Im besten Fall sind sie Signale auf dem Weg des Wandels. Vom Architekturpreis 2023 geht ein solches Signal aus.
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