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Kultur: Die Erde bebt

Der Komponist des "Schlauen Füchslein" ist zwar hierzulande nicht unbekannt, dennoch wird Janácek viel zu selten gespielt.Selbst für jede Aufführung seines Streichquartetts Nr.

Der Komponist des "Schlauen Füchslein" ist zwar hierzulande nicht unbekannt, dennoch wird Janácek viel zu selten gespielt.Selbst für jede Aufführung seines Streichquartetts Nr.2 "Intime Briefe" ist man noch immer dankbar.Immerhin zählt es zum Schönsten und Bedeutsamsten, was das Quartettschaffen im 20.Jahrhundert hervorgebracht hat.Die Aufführung durch das Philharmonia-Quartett im Kammermusiksaal der Philharmonie dürfte so schnell nicht wieder loslassen.Es war musikalisch wie technisch eine sehr moderne Interpretation, die schonungslos das Äußerste anpeilte, die getragen war von großen emotionalen Ausbrüchen, dynamischer Explosivkraft und durchdringenden lyrischen Vertiefungen.Sie war der Höhepunkt des Abends, an dem zunächst das Brandis-Quartett das Beethoven-Streichquartett F-Dur op.18, 1 in einer nicht außergewöhnlichen, schon gar nicht immer lupenreinen Form servierte und zum Schluß beide Quartette mit geradezu sportlichem Elan Mendelssohns Es-Dur-Oktett präsentierten.

Keine Frage, daß bei dem besonders nachwirkenden Janácek der schmerzhaft-expressive Sprachklang, die starke innere Glut und die wundervolle deklamatorische Kantabilität des Komponisten der "Katja Kabanowa" getroffen wurden.Gleichwohl betonen zum Beispiel - was so ganz erstaunlich nicht ist - die Quartette aus dem Heimatland des mährischen Komponisten den eigenwilligen, geheimnisvollen Klanggestus, den unnachahmlichen slawischen Zauber des Ganzen noch etwas stärker.Aber insgesamt beeindruckte es außerordentlich, wie das Philharmonia-Quartett die unglaublich frische und heftige Gedankenfülle, den ständig auf die Spitze getriebenen Wechsel von Lyrik, Leidenschaft und einer brennenden Dramatik in dem zweiten Janácek-Quartett zum Klingen brachte, in dem sich der 74jährige seine grenzenlose Liebeserklärung an die um 38 Jahre jüngere Kamila Stösslova von der Seele geschrieben hat.Es war von den ersten Takten an zu spüren, daß er ein Stück schreiben wollte, "in welchem die Erde bebt".Der ekstatische, sehnsüchtig bangende, zugleich kühn nach vorn stoßende Kompositionsstil des alten, jungen Janácek wurde in furioser, nachgerade schallplattenreifer Weise umgesetzt.Das löste einen regelrechten Begeisterungssturm aus.

ECKART SCHWINGER

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