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Kultur: Die Grünen: Nur keinen Kiez mehr. Wie Berlins Grüne der Bundespartei helfen wollen

So eine Aufbruchstimmung haben die Berliner Grünen lange nicht mehr erlebt. Ohne große Auseinandersetzungen stimmten die Landesdelegierten am Mittwochabend der Koalitionsvereinbarung mit der Berliner SPD zu.

So eine Aufbruchstimmung haben die Berliner Grünen lange nicht mehr erlebt. Ohne große Auseinandersetzungen stimmten die Landesdelegierten am Mittwochabend der Koalitionsvereinbarung mit der Berliner SPD zu. Seit dem Bruch der Großen Koalition gibt es in der Partei einen breiten Konsens, dieses Signal nach außen zu tragen: Jetzt wollen wir beweisen, dass wir auch mitregieren können. Nach 1989 ist das die zweite Chance für die Berliner Partei, eine rot-grüne Regierungspolitik mitzugestalten. Erst einmal auf Probe bis zu den Neuwahlen, aber schon die Zeit des Übergangssenats wird zeigen, ob dem traditionell linken Landesverband der Sprung von der Protest- zur Gestaltungspartei gelungen ist. Und das wird sich die Bundespartei sehr genau anschauen: Der Ausgang der Neuwahlen in Berlin ist ein Prüfstein für die Bundestagswahlen 2002. Je besser die Hauptstadt-Grünen abschneiden, umso größer ist die Sogwirkung auf Bundesebene.

Die Grünen erzielten bei den Abgeordnetenhaus-Wahlen vor zwei Jahren 9,9 Prozent und waren damit hinter CDU (40,8), SPD (22,4) und der PDS mit 17,7 Prozent nur noch die vierte politische Kraft in Berlin. 1995 erhielten sie in der Hauptstadt immerhin noch 13,2 Prozent, wenn auch wieder abgeschlagen hinter der PDS mit damals 14,6 Prozent. In den letzten Jahren machte die PDS den Grünen mehr und mehr ihre Oppositionsrolle streitig. Die Landesgrünen steuerten mit Programmatik dagegen an: Raus aus den Strukturen der Kiezpolitik, rein in die großen politischen Visionen für die Metropole Berlin.

Die Grünen verstehen sich bundesweit als Modernisierungspartei. Der Berliner Ableger tritt dagegen ambivalent auf. Zwar hat er sich von einer grundsätzlich technologiefeindlichen Haltung verabschiedet, und betont jetzt die - auch bundespolitisch geforderte - Verknüpfung zwischen Ökologie und Ökonomie. Ob sich diese beiden Bereiche aber wie "zwei miteinander kommunizierende Röhren" verhalten, so Landesvorstandssprecherin Regina Michalik, müssen die Grünen jetzt unter Beweis stellen. Das Wirtschaftsressort im Übergangssenat wird von ihnen besetzt. Und bei der Sanierung der Landesfinanzen setzen die Grünen auf eine "Politik mit sozialer Gerechtigkeit". Wie diese aussehen kann, ist noch unklar. Grünen-Haushaltspolitiker wie Oswald Metzger könnten in Berlin nämlich nicht Fuß fassen. "Viel zu neoliberal", heißt es.

Der Bundesvorstand will sich nicht in Berliner Belange einmischen. Bundeschefin Claudia Roth sagte lediglich, die Berliner könnten auf jede Unterstützung zählen. Aber: Die "Unantastbarkeit der Landesverbände" hat auch Grenzen. Spätestens dann, wenn in Berlin der Wahlkampf beginnt.

sib

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