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Blick ins Staatstheater Cottbus: Bei den Darstellenden Künsten beträgt der Umsatzrückgang 2020 in Deutschland 85 Prozent.

© Patrick Pleul/dpa

Künste in der Corona-Pandemie: Diese Zahlen belegen die dramatischen Umsatzrückgänge

Schon vor Corona verdienten 36 Prozent der Kunstschaffenden in Deutschland weniger als 1100 Euro. 2020 sinkt der Umsatz der Kreativwirtschaft um 13 Prozent.

Wie prekär die Lage der Bildenden Künstler:innen in Deutschland schon vor der Coronakrise war, belegen Zahlen zum Jahr 2019, die das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch veröffentlicht hat.

Danach verdienten vor der Pandemie mehr als ein Drittel (36 Prozent) weniger als 1100 Euro netto im Monat. Ein gutes Drittel (38 Prozent) kommt auf ein Monatseinkommen zwischen 1.100 Euro bis unter 2.000 Euro, lediglich 26 Prozent verdienen mehr.

Dem Bundesamt zufolge zeigen sich zudem „deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern“: Bei 60 Prozent der Kunstschaffenden in der untersten Gehaltsklasse handelt es sich um Frauen, während ihr Gesamtanteil an den Erwerbstätigen im Bereich Kunst lediglich 53 Prozent beträgt. 

Von den rund 123.000 erfassten Personen, die in der Bildenden Kunst, im Kunsthandwerk, der Fotografie oder Metallgestaltung tätig sind, arbeiten über Zweidrittel als Selbstständige.

Das ist ein sehr hoher Anteil im Vergleich zur gesamten Erwerbsbevölkerung mit lediglich 10 Prozent selbstständig Tätigen. Etwas besser sieht es bei Design, Kunsthandel und Kunstvermittlung aus. 2019 kamen 45 Prozent der hier Erwerbstätigen auf ein Nettoeinkommen von mehr als 2000 Euro, auch ist etwas mehr als die Hälfte abhängig beschäftigt.  

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Und mit Corona? Wie dramatisch die Folgen der Pandemie für die Kulturszene insgesamt sind, lässt sich zunehmend mit Zahlen belegen. Laut einer aktuellen Prognos-Studie im Auftrag des „Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft“ des Bundes belaufen sich die Umsatzverluste 2020 auf  22,4 Milliarden Euro – ein Minus von 13 Prozent im Vergleich zu 2019.

Zwar ist der Einbruch nicht ganz so gravierend, wie in Worst-Case-Szenarien vor knapp einem Jahr prognostiziert wurde. Aber dem Deutschen Kulturrat zufolge handelt es sich um den größten Rückgang seit 2009.  

2020 sank der Umsatz bei den Darstellenden Künsten um 85 Prozent

Am stärksten wirkt sich die Coronakrise auf den Markt für die Darstellenden Künste aus, mit einem Umsatzverlust von 85 Prozent. Bei der Musikbranche schlägt das Virus mit 54 Prozent Minus zu Buche, bei der Kunst mit 51 Prozent. In ihrer Umsatzentwicklung würden diese Teilmärkte sogar „um mindestens 14 Jahre zurückgeworfen“, so Prognos.

Anhand von drei Szenarien mit verschieden langen Lockdowns hat das Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos außerdem berechnet, wie stark sich die Pandemie in diesem Jahr auf die Kulturwirtschaft auswirken könnte: mit voraussichtlichen Umsatzeinbußen zwischen 12,5 und 31,8 Milliarden Euro.

Während Kunst, Musik und Film am stärksten betroffen sein dürften, könnten der Prognose zufolge die Software- und Games-Industrie bessere Zahlen als 2020 schreiben – vorausgesetzt, es bleibt bei einem kürzeren Lockdown. Bei der Filmwirtschaft wird ein Verlust von 48 Prozent geschätzt. Wobei die Einbußen bereits 2020 gravierender waren: 6,7 9 Prozent weniger Ticketverkäufe und einen Umsatzschwund von 69 Prozent gegenüber 2019 rechnete die Filmförderanstalt kürzlich aus. Nicht eingerechnet ist bei den Überlegungen von Prognos, ob sich das Konsumverhalten durch Corona auch langfristig ändern wird.  

Innerhalb Europas gibt es ein deutliches Ost-West-Gefälle

Der Deutsche Kulturrat verweist in der März-Ausgabe der Zeitschrift „Politik und Konzepte“ auch auf Zahlen aus Europa, basierend auf einer Studie der Wirtschaftsberatung Ernst & Young von Ende Januar. Mit einem Rückgang um fast 200 Milliarden Euro auf 444 Milliarden Euro beträgt der Umsatzverlust in der EU 31 Prozent. Damit ist der Einschnitt auf dem gesamten Kontinent gravierender als in anderen Branchen wie der Tourismuswirtschaft (27 Prozent) und der Automobilindustrie (25 Prozent). Und als in Deutschland, das mit seinem Kulturfördersystem und dem staatlichen Unterstützungsprogramm "Neustart Kultur" Härten zumindest geringfügig abfedern kann.

Wie in der Bundesrepublik sind einige Teilbereiche besonders betroffen: die Darstellenden Künste mit 90 Prozent, die Musikwirtschaft mit 76 Prozent, die Bildende Kunst mit 38 Prozent und die Architektur mit 32 Prozent Minus.  

Die Studie belegt auch ein deutliches Ost-West-Gefälle. In Ländern wie Bulgarin, Estland, Ungarn oder Polen ist die Kulturbranche besonders heftig in Mitleidenschaft gezogen.

Auch Ernst & Young, die die Studie im Auftrag der französischen Verwertungsgesellschaft SACEM erstellt hat, gehen davon aus, dass die Folgen der Coronakrise noch lange zu spüren sein werden. Unter anderem auch deshalb, weil die Verwertungsgesellschaften wegen ausfallender Veranstaltungen weniger einnehmen und deshalb weniger an die Kulturschaffenden ausschütten können. (mit dpa und KNA)  

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