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Kultur: „Eitelkeit muss man über Bord werfen“

Gespräch mit Achim von Borries, Regisseur von „Liebe in Gedanken“

Herr von Borries, ist die „Liebe in Gedanken“ ein Privileg der Jugend?

Das hehre Ideal der platonischen, vollkommenen Liebe hat mich als Jugendlicher sehr bewegt. Man möchte ja alles, nur keinen Kompromiss. Auch die Jugendlichen im Film wollen etwas Absolutes und suchen die Rebellion im hedonistischen Ausleben ihrer Träume. Sie begreifen die Jugend als Fest und sind der Love Parade näher als den preußischen Wertvorstellungen ihrer Eltern.

Wie ist die Steglitzer Schülertragödie, die Ihrem Film zugrunde liegt, damals in den Zwanzigerjahren aufgenommen worden?

Die Verhandlung gegen Paul Krantz war ein Sensationsprozess, in dem alle intimen Details veröffentlicht wurden. Eine schockierte Erwachsenenwelt sah sich mit einer Jugend konfrontiert, die sagte: Wir pfeifen auf eure Ideale. Bevor wir so enden wie ihr, bringen wir uns lieber um.

„Was nützt die Liebe in Gedanken“ hat einen ruhigen erzählerischen Atem und ein plötzliches Ende. War der Film ursprünglich länger konzipiert?

Der Film lässt sich Zeit, bis zu dem Moment, in dem die Jugendlichen in ihre Berliner Wohnungen zurückkehren. Diesen Teil hatten wir zunächst tatsächlich länger geplant. Bei den Testvorführungen merkten wir allerdings, dass die Zuschauer ohnehin wussten: Die Geschichte nimmt kein gutes Ende. Also haben wir diese Szenen gestrafft.

Sie haben das Drehbuch gemeinsam mit Hendrik Handloetgen („Liegen lernen“) geschrieben. Wie sah die Zusammenarbeit aus?

Wir kennen uns schon von der Filmhochschule und haben dann für „X-Filme“ oft als Skript-Doktoren gearbeitet, unter anderem auch für „Good Bye, Lenin!“. Den Pragmatismus, den wir für die Drehbücher anderer entwickelt haben, wollten wir nun für unser eigenes Projekt nutzen. Wir haben uns immer wieder an Orte ohne Telefon zurückgezogen, einander mit unseren Computern gegenüber gesessen und geschrieben. Im direkten Austausch: Der eine hat eine Idee. Der andere toppt ihn mit einer besseren. Das ist manchmal schmerzhaft, aber man muss alle Eitelkeiten über Bord werfen.

Mit seiner eher sparsamen Ausstattung grenzt sich Ihr Film von Historienfilmen wie „Aimée und Jaguar“ oder „Rosenstraße“ ab.

Auf Historisierungen habe ich bewusst verzichtet. Wir haben uns um Dialoge bemüht, die halbwegs zeitlos sind und nicht versuchen, eine vermeintliche Sprache der Vergangenheit nachzuahmen. Das geht weiter bei den Kostümen, den Bauten und der Musik. Dass man da nicht den Vilsmaier rauskehrt, wo jeder erkennt, dass es eine Klischeekulisse im Studio ist. Wichtiger war uns die Unmittelbarkeit der Geschichte.

Das Gespräch führte Martin Schwickert. – Filmkritik siehe Seite 2 1

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