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Kultur: Es tobt der Wischmopp

Die neue Fernsehvorabendserie „Die Bräuteschule 1958“, in der junge Frauen das historisch korrekte Kochen, Bügeln und Putzen erlernen (vgl. Tagesspiegel vom 9.

Die neue Fernsehvorabendserie „Die Bräuteschule 1958“, in der junge Frauen das historisch korrekte Kochen, Bügeln und Putzen erlernen (vgl. Tagesspiegel vom 9. 1.), förderte gleich in der ersten Folge erschütternde Fakten zutage: Die Auszubildenden haben keine Ahnung, was ein „Feudel“ ist, und können unter schätzungsweise siebzehn Reinigungsgeräten den Wischmopp nicht identifizieren. Es scheint, als hätte Eva Hermans Appell an die „überforderten, unglücklichen und ratlosen Emanzipationsopfer“ – vollständig nachzulesen in „Das Eva-Prinzip“ – bislang wenig genützt. Und daran ist auch das Theater nicht ganz unschuldig. Bei näherer Betrachtung stellt sich nämlich heraus, dass so kompromisslose Bemühungen um die Aufrechterhaltung steinzeitlicher Geschlechterrollenbilder wie die Show Belle et Fou im Theater am Potsdamer Platz (12.–14. und 17.–21.1.) die absolute Ausnahme bilden. Nirgends sonst kann man sich mehr darauf verlassen, dass „Schatz“ immer zu lange vorm Spiegel steht und „Brummbär“ lieber fünfmal ums Dorf fährt, als einmal nach dem Weg zu fragen.

De facto trägt das aktuelle Sprechtheater keinen Deut zur Klärung der Wischmoppfrage bei, sondern stiftet eher noch zusätzliche Verwirrung. Zum Beispiel indem es so undurchsichtige Charaktere wie die Kindsmörderin Medea auf den Spielplan setzt. Gerade jene Frau, mit der Euripides bereits vor zweieinhalbtausend Jahren beim Tragödienwettbewerb den Letzten machte, weil sie so unhandlich durch alle Raster fiel, erlebt parallel zum Feudeleklat eine landesweite Spielplanrenaissance, in Berlin zum Beispiel am Deutschen Theater (18.1.). Wie die am DT zum mickrigen Ehedrama geschrumpfte Story weitergehen könnte, nachdem die Kindsmörderin den Tatort verlassen hat, überlegen sich nur ein paar hundert Meter weiter, im gemütlichen kleinen Orphtheater , der Autor Lou Favorite und der Regisseur Matthias Horn. Ihre Produktion Medea_Daten ( 12.–14.1. und 17.–21.1.) spürt die Tragödin mit angeblich unverminderter Kampfeslust im ewigen Exil auf: ihr Leben der Suche nach neuen Nebenbuhlerinnen und Herausforderungen geweiht. Letztere haben die beiden fröhlichen Tanten Abby und Martha im Boulevardklassiker Arsen und Spitzenhäubchen , den das Helmi mit Puppen im Ballhaus Ost spielt (heute, 20 Uhr) , längst gefunden. Und zwar in der karitativen seriellen Männervergiftung. Schade ist das allerdings für Mechthild Magda Huschke aus Oliver Bukowskis Nichts Schöneres . Die ist nämlich im Theater unterm Dach (18.–21.1.) per Annonce auf Partnersuche und wird über derartige Radikalmaßnahmen zur Heiratsmarktregulation nicht gerade glücklich sein. Am Ende bleibt sie uns aus lauter Bockigkeit die Antwort auf die „Feudel“-Frage schuldig.

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