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Seong Yu-bin in "Last Child".

© ATO Co. Ltd.

Koreanische Filme im Forum: Familie und andere Komplexe

Zweimal Korea im Forum: „Old Love“ von Park Kiyong und „Last Child“ von Shin Dong-seok.

Sie sind vor mehr als 30 Jahren ein Liebespaar gewesen, jetzt kreuzen sich ihre Wege wieder, zufällig in einer Raucherecke des Flughafens von Seoul: „Old Love“ von Park Kiyong. Ein Ehepaar hat seinen Sohn bei einem Badeunfall verloren; langsam löst es sich aus Verzweiflung, Trauerarbeit, Erstarrung: „Last Child“ von Shin Dong-seok. Zwei konventionell erzählte Familiengeschichten, genauer: Familien-Zerfallsgeschichten aus Korea. Den Filmen gemeinsam ist, dass die intensiven Darsteller einige Schwächen des Drehbuchs überspielen müssen.

In „Old Love“ trödelt der Film phasenweise ziellos durch die große Stadt und stellt einige Sehenswürdigkeiten im Stil touristischer Werbebroschüren vor. Dabei konstatiert das Paar, hier sei noch alles genau so wie damals, dort sei nichts mehr wie früher. Banal – aber auch bezeichnend. Es geht nicht um die romantische Geschichte einer alten, sondern um die schmerzliche einer vergangenen Liebe zweier einsamer Seelen. Die Kamera zeigt mit Schuss-Gegenschuss, in diffusem Halbschatten Großaufnahmen ihrer Gesichter. Beredtes Schweigen, erwartungsvolle Blicke, enttäuschtes Stirnrunzeln wechseln mit tiefgründigem Seufzen. Die Totalen mit dem kalten Neonlicht der Großstadt und dem Winterhimmel beim Ausflug aufs Land machen ebenso frösteln wie die Fehlschläge bei den Familienbanden, die aus ihrem vergangenen Leben bekannt werden.

Die Frau ist schneller bereit, die Tatsachen zu akzeptieren und eine neue Möglichkeit ins Auge zu fassen. Der Mann hingegen hängt seinen Träumen nach; er redet sich ein, eine große Theaterkarriere vorschnell aufgegeben zu haben. In einem Hotel treffen sie eine Truppe von Schauspielschülern; vor ihnen spielt er den erfahrenen Weltmann und lädt alle zum großen Saufabend ein. Sie fasst derweil einen Entschluss.

Suche nach Gerechtigkeit, Rache oder Vergebung

„Old Child“ nähert sich einem tragischen Fall: Ein Junge ist bei dem Versuch, seinen Freund zu retten, selbst umgekommen. Die Eltern nehmen sich in ihrer Trauerarbeit eben dieses Freundes Kihyun an. Sie betreiben ein Handwerksunternehmen, und mit dem Werkzeug ertasten der Meister und sein neuer Lehrling auch ihre Gefühle, suchen nach dem rechten Maß im Umgang mit Misstrauen und Respekt, Unsicherheit und Verantwortung. Und so wie die Verzweiflung des Vaters in die Fürsorge des Meisters übergeht, wächst auch die Unsicherheit des Kindes – bis es zum zweiten großen Schock kommt.

Gerade haben die Eltern in angemessener Haltung die Heldenplakette für ihren ertrunkenen Sohn angebracht, die Trostreden der Nachbarn und eine Art „Kompensation“ überstanden, da erzählt Kihyun, wie es wirklich gewesen ist. Ein Jugendstreich, aus dem ein Verbrechen wurde, kein Heldentod, sondern ein Opfer mit einer ganzen Reihe von „Tätern“. Jetzt stehen die Eltern in ihrer Suche nach Gerechtigkeit, Rache oder Vergebung ganz allein da; die Justiz ist hilflos, einen Moment lang droht Selbstjustiz. Dann besinnt sich der Film mit zwei weiteren Wendungen eines Besseren.

Helmut Merker

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