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Was für eine Show: The Last Dinner Party am Donnerstagabend in der Uber Eats Music Hall.

© Redferns/ADAM BERRY

Formvollendete Dekadenz: The Last Dinner Party in Berlin

Mit einer pompösen Show hält die britische Alternative Rock-Band ihre Fans in der Uber Eats Music Hall in Atem. Am Ende steht kollektive Katharsis.

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Blau angestrahlt, wie im Mondlicht, liegt die Bühne in der Uber Eats Music Hall da und wird immer weiter zugenebelt. Das Bühnenbild erinnert mit seinen antik anmutenden Säulen, dem gemalten Nachthimmel im Hintergrund und den schweren, blau-goldenen Bannern an eine Opernszenerie. Während der Umbauphasen zwischen und nach den zwei Support-Acts, den britischen Songwriterinnen Luvcat und Katy J Pearson, schallen Arien und dramatische Orchesterstücke durch den Saal.

Für eine Rockband mag dies ein ungewöhnliches Setting sein, für The Last Dinner Party ist es nur konsequent. Denn neben ihrem charakteristischen Sound aus Baroque Pop und Alternative Rock – ein bisschen Glam, ein bisschen Fleetwood Mac, ein bisschen Lana Del Rey – wissen sie sich vor allem visuell stringent in Szene zu setzen. Wie die fünf in einem Interview mit dem britischen Guardian verrieten, hatten sie zu Beginn ihrer Karriere eine Art Moodboard für Stil und Ästhetik der Band kreiert. Neben Begriffen wie „Samt“ und „Burgunder“ sei es mit einem Wort überschrieben gewesen: Dekadenz.

Große Gesten, großes Talent

Als The Last Dinner Party gegen kurz nach halb 10 die Bühne betreten, entlädt sich die angestaute Spannung in euphorischem Jubel. Mit ein paar Takten Verzögerung schreitet Sängerin Abigail Morris hinterher und setzt zum ersten Song „Burn Alive“ an, der auch ihr im Februar veröffentlichtes, großartiges Debütalbum „Prelude to Ecstasy“ eröffnet. Sie wirft die Arme in die Luft und singt mit großer Geste, wie sie es den ganzen Abend tun wird: Mal stolzierend, mal trippelnd fliegt sie über die Bühne, dreht Pirouetten, wirft und räkelt sich auf dem Boden. Zwischendurch trinkt sie aus einem goldenen Kelch, den sie auf einem Flügel abstellt. Sie hat die perfekte Attitüde für eine Rock-Diva.

Dabei ist es keineswegs allein ihre Show. Die fünf Bandmitglieder stehen, wenn sie nicht gerade durch die Gegend wirbeln, nebeneinander im Rampenlicht am vorderen Rand der Bühne. Den Sound ihrer Studioaufnahmen, der vor allem durch seine Vielschichtigkeit und seinen Detailreichtum besticht, reproduzieren sie live fast eins zu eins. Zwischendurch greift Lead-Gitarristin Emily Roberts zur Querflöte oder Mandoline, mit bis zu fünf Stimmen singen sie in Harmonie – es ist wirklich beeindruckend.

The Last Dinner Party (v.l.n.r.): Georgia Davies, Aurora Nishevci, Abigail Morris, Emily Roberts und Lizzie Mayland.

© Universal Music

Ein Hit nach dem anderen

Bei all der Professionalität, mit der The Last Dinner Party diese Show spielen, ist es kaum zu glauben, dass ihre Debütsingle „Nothing Matters“ nur eineinhalb Jahre alt ist. Und dass sie erst zwölf Songs veröffentlicht haben. Doch wie viele Hits darunter sind, wird an diesem Abend deutlich: Bei „Portrait of a Dead Girl“ oder „The Feminine Urge“ singt die ganze Halle mit, zur queeren Hymne „Sinner“ wird ausgelassen getanzt.

In den ruhigeren Momenten, etwa bei „Beautiful Boy“, ist es hingegen mucksmäuschenstill. Die Fans, von denen sich einige mit langen Kleidern in Schale geworfen haben, sind wie gebannt. Und wenn Emily für das Gitarrensolo in „Mirror“ nach vorne geht, die anderen um sie knien und die Bühne in blutrotes Licht getaucht ist, hat es beinahe etwas Religiöses.

Multiinstrumentalistin Emily Roberts (links) neben Sängerin Abigail Morris (rechts).

© Redferns/ADAM BERRY

Mittendrin gibt es ein Cover von Blondies „Call Me“ und auch einen bisher unveröffentlichten Song. Er heißt „Big Dog“ und klingt überraschend punkig. Beim letzten Song „My Lady of Mercy“ drehen sie noch einmal richtig auf und spielen ihn härter als auf dem Album. Sie machen deutlich: Auf der Bühne sind The Last Dinner Party eine echte Macht.

Dies sei eine der größten Menschenmengen, vor der sie je gespielt hätten, verrät Abigail gegen Hälfte des Sets. Nervös zu machen schien sie das bisher nicht. Allerdings werden ihre Ansagen im Laufe der Show immer ausschweifender und lässiger. Und sie findet ihren trockenen, britischen Humor wieder.

Bei der letzten Zugabe – es ist, klar, ihr größter Hit „Nothing Matters“ – ist sie so gelöst, dass sie kurzzeitig vergisst zu singen. Fans werfen Blumen, Geschenke und Regenbogenflaggen auf die Bühne, die Band nimmt sich Zeit für ein paar schnelle Selfies und Autogramme in der ersten Reihe. Es ist ein rührender, ein kathartischer, ein großartiger Abend.

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