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Musik entsteht nur in hochqualifizierter Handarbeit.

© dpa/Patrick Pleul

Fortbildung für Kulturpolitiker: Wertschätzung wächst durch Wissen

Die deutschen Orchester engagieren sich vorbildlich bei der Jugendarbeit. Genauso wichtig wäre aber die kulturelle Wissensvermittlung für Volksvertreter.

Ein Kommentar von Frederik Hanssen

Stand:

5940 musikpädagogische Veranstaltungen haben die deutschen Orchester in der Saison 2023/24 angeboten. Diese beeindruckende Zahl hat die Musikergewerkschaft „Unisono“ jetzt veröffentlicht. Die Zahl der Angebote hat sich verdreifacht in den letzten zwei Jahrzehnten.

3835 Konzerte und Workshops fanden direkt in den Schulen statt. Damit kompensieren die Klassikprofis zum Teil den chronischen Mangel an schulischem Musikunterricht - und sorgen gleichzeitig dafür, dass für die live gespielte Musik von Bach, Beethoven, Brahms und Co. eine neue Publikumsgeneration heranwächst.

Ahnungslose entscheiden über die Etats

So wichtig und löblich dieses Education-Engagement der Orchester für junge Leute ist – noch dringender scheint aktuell ein ähnliches Angebot für Kulturpolitiker. Denn die meisten von ihnen sind so unbeleckt von jeglicher Kenntnis über klassische Musik wie ein durchschnittliches Grundschulkind. Der Unterschied ist nur, dass sie trotzdem darüber entscheiden müssen, wie hoch die Investitionen des Gemeinwesens in die Kultur ausfallen sollen.

Bei der aktuellen Berliner Kürzungsrunde war zu besichtigen, was passiert, wenn Haushälter, die keinen Schimmer davon haben, wie staatliche Kulturbetriebe arbeiten, mal eben 130 Millionen Euro aus dem Etat von Senator Joe Chialo streichen. Diverse Verfahrensfehler mussten seitdem korrigiert werden, der Ruf der Stadt als Kulturmetropole wurde nachhaltig beschädigt.

Eine rechtzeitige Schulung der betreffenden Volksvertreter hätte das Desaster vielleicht verhindern können. Also: Musikerinnen und Musiker, geht auch in die Parlamente, klärt dort auf, erzählt von euren Jobs! Davon, dass Partituren nur durch Handarbeit von sehr vielen hochqualifizierten Fachkräften zum Klingen gebracht werden können. Weshalb 80 Prozent des Orchester-Etats durch Personalkosten gebunden sind. 

Dieses Wunder der Verlebendigung von Punkten auf Papier ereignete sich in der Saison 2023/24 übrigens bundesweit fast 15.000 Mal. So hoch ist die Gesamtzahl der öffentlichen Veranstaltungen der 129 deutschen Orchester. Kein Land der Welt hat mehr zu bieten. Das sollte auch den Parlamentariern bewusst sein. Weil Wertschätzung durch Wissen wächst.

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