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Geschichten erfinden mit Bach: Dan Tepfer und sein Soloalbum „Inventions/Reinventions“
Der französisch-amerikanische Jazzpianist spinnt die Kompositionen, die jeder Klavierschüler kennt, überzeugend fort
Stand:
Johann Sebastian Bach und der Jazz sind seit langem Freunde – und bilden in der Vermischung der Genres doch oft eine unglückliche Liaison. Jacques Loussiers swingender Bach bleibt in seinem allzu manierlichen Zugriff Pseudojazz, und die Versuche des wunderbaren John Lewis, seinerzeit Pianist des Modern Jazz Quartet, sich das „Wohltemperierte Klavier“ anzueignen, erreichen bei Weitem nicht das Niveau klassischer Interpreten. Im Mashup, das Uri Caine den „Goldberg Variationen“ angedeihen ließ, verschwindet das Ausgangsmaterial bis zur Unkenntlichkeit.
Das Entmischungsprogramm, das ihnen der französisch-amerikanische Pianist Dan Tepfer verordnete, ist von daher ein Fortschritt – nicht nur weil er scheinbar mühelos in beiden Welten zu Hause ist: Auf jede Variation folgt eine eigene variierende Improvisation.
Mit „Inventions/Reinventions“ (StorySound Records) treibt er dieses Konzept noch weiter, in dem er die zweistimmigen, jeweils in Dur und Moll vorliegenden, jeweils um einen Halbton nach oben rückenden Inventionen improvisierend um die neun fehlenden Tonarten ergänzt – und das im polyphonen, romantisch geprägten Zugriff weniger imitatorisch-kontrapunktisch denn je.
Das Bachische seiner spontanen Erfindungen liegt für ihn darin, das auf einer Dreiaktstruktur beruhende Storytellung der einst Wilhelm Friedemann Bach zu Übezwecken zugedachten Kurzkompositionen aufzugreifen und in der eigenen Sprache fortzuführen. Im gleichermaßen Bruchlosen wie Kontraststarken ist das überaus gelungen. Vor allem eignet es sich dazu, Hörer beider Seiten glücklich zusammenzuführen, ohne ihnen ein verwässertes Crossover zuzumuten.
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