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Kultur: Gute Wahl

Von Köln nach Berlin: der Dirigent Markus Stenz

Untrennbar ist die Dirigentenlaufbahn von Markus Stenz mit den Werken Hans Werner Henzes verbunden. Die Musik von Deutschlands bekanntestem lebenden Komponisten ebnete ihm früh den Weg an die großen Bühnen und waren seine Eintrittskarte für die Festspiele von München und Salzburg. Da liegt es auf der Hand, dass Stenz, der am 1.Oktober sein Debüt bei den Berliner Philharmonikern gibt, auch als Kölner Generalmusikdirektor die Werke „seines“ Komponisten aufführt: Die Bassariden als Eröffnungspremiere von Stenz’ zweiter Spielzeit in Köln sind eine gute Wahl, ist doch das 1966 uraufgeführte Werk neben dem „Jungen Lord“ Henzes wohl beste Oper.

Stenz’ musikalische Position zum Werk ist klar: Er sieht Henze als Klassiker in der Nachfolge von Richard Strauss. Die archaisierenden Fanfaren, die das antike Theben der Bakchen heraufbeschwören, strahlen in luzider Eleganz, der vermeintlich sperrige Orchestersatz führt Henze als Meister der Farbnuancen vor. Was einst schockierte, klingt heute nach geschmeidiger Rhetorik und sinfonischer Virtuosität – und hätte deshalb eine zuspitzende, konfliktfreudige Regie gebraucht. Doch Jasmin Solfaghari, Oberspielleiterin an der Deutschen Oper Berlin, nutzt die Chance nicht: Im Bühnenbild von Alexander F. Mudlagk, das zwischen angestaubtem Symbolismus und antikisierenden Marmorkacheln schwankt, buchstabiert Solfaghari das Libretto, klärt aber weder Charaktere noch Inhalte. Vom Kampf des Königs Pentheus (Urban Malmberg) gegen den Dionysoskult, in dem sich Henzes eigene Rebellion gegen Spießbürgertum und Moraldiktate spiegelt, bleiben nur hohle Gesten. Auf eine maßstäbliche Inszenierung muss der Klassiker weiterhin warten.

Jörg Königsdorf

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