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Optische Täuschung? Ein rundes Fenster ist das Auge des Vogelkopfs.

© Hanssen

Eine Entdeckung an der Berliner Philharmonie: Hans Scharouns Vogel

Auf dem Dach der Philharmonie befindet sich Hans Uhlmanns Skulptur "Phoenix". Und in der Fassade lässt sich ein stilisierter Vogelkopf erkennen.

Von Frederik Hanssen

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So richtig gut ist sie nur von der Tiergartenstraße aus zu sehen: die Skulptur, die Hans Uhlmann 1964 auf dem Dach der Philharmonie installiert hat. Wer auf Höhe des philharmonischen Gartens nach oben schaut, entdeckt die beiden überdimensionalen Flügel aus Metall, elegant gespreizte Schwingen, die der Künstler „Phoenix“ getauft hat. Nach dem mythischen Vogel, der am Ende seines Lebenszyklus verbrennt und aus der eigenen Asche zu neuem Leben erwacht. Dargestellt wird er üblicherweise in der Gestalt eines Adlers.

Schon bei den alten Ägyptern erzählte man sich die Geschichte von der mirakulösen Auferstehung, in Venedig nannte man sogar ein Opernhaus „La Fenice“, weil es mehrfach den Flammen zum Opfer fiel und dann wieder aufgebaut wurde.

Die Philharmonie ist aus der Asche wiedererstanden

Auch Hans Scharouns ikonischer Konzertsaal ist ein Wiedergänger, die ursprüngliche Philharmonie befand sich einige hundert Meter weiter südöstlich, jenseits des Potsdamer Platzes in der Bernburger Straße. Sie wurde im Januar 1944 bei einem Luftangriff zerstört und später auf der symbolträchtigen Stadtbrache an der Mauer wieder aufgebaut.

Daher kam Hans Uhlmann auf die Idee mit der Flügelskulptur. Oder wurde er durch Scharouns Fassade inspiriert? Eigentlich ist die Formsprache des Architekten organisch, er vermeidet rechte Winkel, arbeitet mit geschwungenen Flächen und bringt dadurch das ganze große Gebäude förmlich zum Tanzen. Eine Ikone der abstrakten Moderne.

Lässt man jedoch den Blick vom „Phoenix“ auf dem Dachfrist Richtung Haupteingang schweifen, ragt da plötzlich ein riesiger Vogelkopf aus der Wand! Stilisiert natürlich, aber doch deutlich zu erkennen.

Der Vogel blickt in Richtung Tiergarten

Ein Bullaugenfenster bildet das Auge, von der kantigen Stirn knickt der wuchtige Schnabel steil nach unten ab. Warum nur ist einem dieser Vogel in all den Jahren, die man die Philharmonie schon bewundert, noch nie aufgefallen? Im Inneren des Hauses liegt an dieser Stelle der Aufgang zu den Blöcken C und D auf der rechten Saalseite. Nichts verrät hier etwas von der äußeren Erscheinung.

Ist die tierische Assoziation am Ende doch nur eine optische Täuschung? Die Vision eines Klassikfans, der an einem sonnigen Nachmittag sehnsüchtig um das jetzt wieder geschlossene Haus schleicht? Andererseits: Dieser Teil des Gebäudes ist genau auf den Tiergarten hin ausgerichtet, Hans Scharoun könnte seine Fassadenspielerei also durchaus als Hommage gemeint haben an jene Parkbewohner, die ebenfalls Musik machen. Unter die Decke seines Saals, hinter der Bühne beim Block K, hat er ja auch ein Schwalbennest gehängt: die gläserne Kabine der Tontechniker.

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