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Der libysche Autor Hisham Matar, der mit dem Geschwister-Scholl-Preis 2017 ausgezeichnet worden ist.

© Rolf Vennenbernd/dpa

Geschwister-Scholl-Preisträger: Hisham Matar erinnert an Flüchtlinge in Libyen

Der libysche Autor Hisham Matar hat in München den Geschwister-Scholl-Preis entgegen genommen und an das Leid afrikanischer Flüchtlinge in Libyen erinnert.

Der libysche Autor Hisham Matar hat am Montagabend in München den Geschwister-Scholl-Preis entgegen genommen. Er erhielt den mit 10.000 Euro dotierten Preis für sein Buch „Die Rückkehr - Auf der Suche nach meinem verlorenen Vater“. Dieser war 1990 unter dem Regime des Diktators Gaddafi entführt und inhaftiert worden war. Noch vor der Verleihung wies Matar vor Journalisten auf das Leid afrikanischer Flüchtlinge in seinem Heimatland hin. Auch die Laudatoren erinnerten an gefolterte und verschwundene Menschen in Unrechtsregimen in den Vordergrund.

Die Jury würdigte Matars Werk als „Buch über die überwältigende Widerstandskraft des menschlichen Geistes und über die Tugenden der Erinnerung, die dieser Erfahrung gerecht werden will: Beharrlichkeit, Sorgfalt und Vorsicht.“ Matar selbst betonte in seiner Dankesrede, es rühre ihn zutiefst, dass der Preis eine Verbindung zwischen seiner Arbeit und dem Gedenken an die NS-Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl ziehe. Er habe großen Respekt vor den Geschwistern, ihrer Gewissenstreue und Integrität, sagte er.

Die Journalistin und Autorin Susanne Mayer erklärte in ihrer Laudatio, zwischen zwischen den Motiven des Buches nisteten „Schock, Trauer, Trauma: das, was Diktatur den Menschen antut“. Solcherlei Verletzungen seien nicht nur in Libyen oder einst in Nazi-Deutschland entstanden, sie entstünden vielmehr überall dort, wo der Wunsch der Menschen nach Demokratie zerstört werde oder nie eine Chance bekomme.

Aufruf zu einem menschlichen Miteinander

Bereits am Montagvormittag hatte Matar selbst vor Journalisten auf das dramatische Schicksal von afrikanischen Flüchtlingen in Libyen hingewiesen. Meist sei in Europa Thema, welchen Gefahren Geflüchtete auf dem Weg über das Mittelmeer ausgesetzt seien, sagte Matar. Auf dem Weg durch die Wüste oder in Libyen sei die Situation womöglich aber sogar schlimmer. „In Libyen sind diese Menschen derzeit Folter und unvorstellbarem Leid ausgesetzt - zudem gibt es eine dunkle Industrie der Sklaverei, die die Situation noch makaberer macht“, sagte der Schriftsteller. Er rief zu einem menschlichen Miteinander auf.

Die aktuelle Lage im politisch instabilen Libyen sei auch ein Spiegel der Vergangenheit, sagte er. „Symptomatisch“ sei etwa, dass Libyen lange Zeit aufgrund seines Reichtums und seiner Staatsführung Europas Nationen zu „unvernünftigem Verhalten“ in der Interaktion mit dem Land eingeladen habe. Aktuell arbeitet die EU mit der libyschen Küstenwache zusammen, um Flüchtlinge in dem nordafrikanischen Land aufzuhalten. Auch die UN kritisierte die Lage der Flüchtlinge in dem Land jüngst als „unmenschlich“.

Matar als „mutiger Mann“ geehrt

Michael Then, der Vorsitzende des Landesverbands Bayern des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, würdigte Matar als „mutigen Mann“: „Früher gab es Länder, die mutige Menschen entdecken konnten. Heute bedarf es mutiger Menschen, die das Verschwinden eines Landes und seiner Bewohner zu verhindern suchen.“

Der Geschwister-Scholl-Preis wurde zum 38. Mal verliehen. Ausgezeichnet werden Autoren und Autorinnen, die mit ihren Bücher „bürgerliche Freiheit, moralischen, intellektuellen und ästhetischen Mut fördern“. In den vergangenen Jahren hatten unter anderem der postkoloniale Theoretiker Achille Mbembe, die Journalisten Glenn Greenwald und Garance Le Caisne sowie der chinesische Exil-Autor Liao Yiwu den Preis erhalten. Vergeben wird die Auszeichnung vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Stadt München. (epd)

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