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Journalist Franz Josef Wagner ist gestorben. (Archivbild)

© Rainer Jensen/dpa

Update

„Bild“-Kolumnist Franz Josef Wagner ist tot: „Was auf meinem Grabstein stehen soll? Lieber du wärst tot als ich“

Der bekannte „Bild“-Kolumnist Franz Josef Wagner ist mit 82 Jahren gestorben. Seinen letzten Text schrieb er über Putin. Vor Jahren erzählte er, was einmal auf seinem Grabstein stehen soll.

Stand:

Der Kolumnist Franz Josef Wagner ist im Alter von 82 Jahren im Berliner Franziskus-Krankenhaus gestorben. Das teilte der Springer-Verlag in Berlin mit. Wagner war Chefredakteur der „BZ“ und seit fast 25 Jahren Autor der täglichen Kolumne „Post von Wagner“ in „Bild“.

„Mit ihm verliert Axel Springer einen seiner kreativsten Köpfe und einen einzigartigen Schreiber“, hieß es vom Verlag. „Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und bei seinen Freunden“. In einem Nachruf bei „Bild“ heißt es: „Er war der Poet von Bild, das letzte Genie des Boulevards“.

„Herzlichst. Ihr Franz Josef Wagner“

Mit „Post von Wagner“ in Deutschlands größter Boulevardzeitung zählte der Journalist und Publizist über viele Jahrzehnte zu den bekanntesten deutschen Kolumnisten. Seine letzte Kolumne erschien am 3. September und richtete sich an Bundeskanzler Friedrich Merz, der den russischen Präsidenten Wladimir Putin als „den vielleicht schwersten Kriegsverbrecher in unserer Zeit“ bezeichnet hatte.

„Es ist unerträglich, wie normal er ist“, schrieb Wagner über Putin. „Eher klein, erhöhte Schuhsohlen, Botoxbehandlungen im Gesicht. Das Böse an den Bösen ist, dass sie glauben, recht zu haben. (...) Putin geht es gut, Frühstück, alles normal. Ein Mörder lacht uns aus“, waren seine letzten veröffentlichten Worte.

Die Kolumne sah vom Aufbau her immer gleich aus: Sie begann mit der Anrede „Liebe(r)…“. Die Adressaten – von Prinzessin Kate, Straftätern, National-Elf, Papst, Eisbär-Baby, Hurrikan bis Bundeskanzler – bekamen mal mehr, mal weniger ihr Fett weg. Es war ein Brief, den nicht jeder bekommen wollte. Die Kolumne schloss stets so: „Herzlichst. Ihr Franz Josef Wagner“. 

Seine Mutter flüchtete mit ihm und seinem Bruder

Geboren wurde Wagner als Lehrerkind in einer sudetendeutschen Familie am 7. August 1943 im heutigen Tschechien. Seine Mutter flüchtete mit ihm und seinem Bruder vor der Roten Armee, unterwegs schliefen sie unter Bäumen und in Scheunen. Der Vater war im Krieg. Wagner wuchs in Regensburg auf. Nach Gelegenheitsjobs in Genf und Paris absolvierte er als junger Mann ein Volontariat bei der „Nürnberger Zeitung“.

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Später arbeitete er als Reporter in München für „Bild“. Wagner hatte in seinem Berufsleben viele Top-Positionen: Beim Burda-Verlag war er in den 1990ern Chefredakteur der Illustrierten „Bunte“. Er entwickelte auch die deutsche Ausgabe der Modezeitschrift „Elle“ und die Burda-Zeitschrift „Superillu“ mit. Kurzzeitig leitete er für Burda auch das bald wieder eingestampfte Ost-Boulevardblatt „Super!“.

Ende der 1990er wurde der 1,90 Meter große Kettenraucher bei Springer Chefredakteur der „B.Z.“ und „B.Z. am Sonntag“ in Berlin. Danach machte der Springer-Verlag ihn zum Kolumnisten.

„Was auf meinem Grabstein stehen soll? Lieber du wärst tot als ich“

Zu Wagners 75. Geburtstag erschien in der „Basler Zeitung“ 2018 ein großes Interview mit ihm. Darin beschrieb er, wie die Kolumne ihn in seinem fortgeschrittenen Alter und inmitten einer tiefen Einsamkeit weiterhin fit hielt. „Sie zwingt mich, morgens aufzustehen. Es ist ganz schön, den Maschinenraum anzuwerfen, sich zu informieren, nachzudenken“, sagte Wagner.

„Am Vormittag lese ich und schaue fern. Um zwei, drei entscheide ich mich für ein Thema. Dann recherchiere ich, und von vier bis sechs schreibe ich“, beschrieb er seinen Tagesablauf. „Traurigerweise habe ich keine Freunde mehr. Ich hatte drei Freunde. Einer verunglückte, einer sprang aus dem Fenster. Einen killte der Krebs“, kontemplierte Wagner.

Auf die Frage, ob er noch Träume habe, sagte er: „Niemand will jung sterben, aber alt werden will auch keiner. Es gibt Träume, die man nicht mehr hat. Ich hätte gerne ein Haus mit blauen Fensterläden am Meer. Das werde ich mir nicht mehr kaufen“.

Seine Träume als junger Mann? „Einen Porsche zu besitzen, nach St-Tropez zu fahren, auf dem Beifahrersitz ein schönes Mädchen, Fenster runter, Ellbogen raus“. Die ersten beiden Sachen hätten geklappt, sagte Wagner, der seit über vierzig Jahren getrennt von seiner Frau lebte und regelmäßiger Stammgast der Paris-Bar in Berlin-Charlottenburg war. Im Bild-Nachruf hieß es: „Seine Seele liebte Südfrankreich. Er lebte französisch“.

Zwei Wochen vor seinem Tod gab Wagner wegen Atemproblemen das Rauchen auf. Besondere Relevanz aus dem damaligen Interview hat nun folgende Aussage Wagners: „Was auf meinem Grabstein stehen soll? Lieber du wärst tot als ich“. (dpa, jmi)

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