zum Hauptinhalt

Kultur: Impulsgeber

Neue Jazz-CD: Schlippenbach spielt Monk.

Der 74-jährige Berliner Free-Jazz-Pionier Alexander von Schlippenbach schwärmt von seinem amerikanischen Pianistenkollegen Thelonious Monk: „Er swingt auf fundamental göttliche Weise, sein Timing ist unübertrefflich, die Themen haben Charakter, Monk ist ein Jahrhundertgenie.“ Noch heute zählt Monk zu den großen Erneuerern des Jazz. Doch Anfang der vierziger Jahre fremdelten das Publikum und seine Bebop-Weggefährten noch mit ihm. Zu hölzern und sperrig wirkte sein Klavierspiel, zu eigenwillig erschien er vielen, wenn er die Soli seiner Mitmusiker wie ein Zombie neben dem Klavier stehend verfolgte.

Alexander von Schlippenbach gehört zu einer Generation von Jazzmusikern, für die Monk von zentraler Bedeutung ist. In den fünfziger Jahren begegnete er an der Kölner Musikhochschule dessen extravaganten, mit schroffen Intervallen operierenden Stücken – eine Inspiration, die ihn seither begleitet. In „Monk’s Casino“ nahm sich Schlippenbach des Gesamtwerks von Monk an. Dessen 70 Kompositionen führte er mit der Band „Die Enttäuschung“ mehrfach an einem einzigen Abend auf. Nun hat das Schweizer Label „Intakt“ auch „Schlippenbach Plays Monk (Piano Solo)“ veröffentlicht.

Bei der Auswahl der neun Kompositionen setzt Schlippenbach nicht auf die bekanntesten, sondern auf die, die selten zu hören sind. „Und natürlich auf jene, die ich selber gerne spiele“, wie er sagt. Dazu gehört auch „Locomotive“, das rhythmisch die Bewegung einer anfahrenden Lokomotive nachzeichnet, kontrastiert durch eines von insgesamt acht frei improvisierten „Interludes“. Das langsame Tempo versteht Schlippenbach als Zoombewegung, die bei den Rädern beginnt und sich über die Lok zum aufsteigenden Rauch fortsetzt. So setzt er nach und nach die „Locomotive“ zusammen. „Die Energie des Jazz ist immer vorwärts gerichtet“, so Schlippenbach, „ein Impuls wird gesetzt, weitet sich aus, und wenn etwas zum Tragen kommt, sollte man es auch weiterverfolgen.“ Tobias Premper

Schlippenbach Plays Monk (Piano Solo), Intakt Records, 2012

Tobias Premper

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false