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Zieht Liebe auf sich: Rolando Villazón.

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Rolando Villazón und Plácido Domingo in der Philharmonie: In allen Ecken steckt hier Liebe

Es tschingt und rummst: Die Staatskapelle hat das Vergnügen, unter Plácido Domingo mit Rolando Villazón zu spielen - bis eine fast achtzigjährige Virtuosin ins Rampenlicht tritt.

Die größte Begabung von Rolando Villazón besteht vielleicht darin, Liebe regelrecht auf sich zu ziehen. Kaum springt Villazón in der ausverkauften Philharmonie auf die Bühne, empfängt ihn wie eine Umarmung das Rasen und Toben des Publikums. Ein sehr kleines Mädchen bringt ihm einen Strauß Blumen und bekommt dafür einen Handkuss, von dem sie noch ihren Enkeln wird erzählen können, am Pult der Staatskapelle steht Plácido Domingo, „mein großes Idol“ (Rolando Villazón), und in der neunten Reihe des Saals sitzt Daniel Barenboim höchstselbst und hört zu.

Natürlich kann Rolando Villazón überdies auch herrlich schön singen, obwohl die Indisposition, die Staatsopern-Intendant Jürgen Flimm gleich anfangs vermeldet, „eigentlich wollte er absagen“, zu hören bleibt: als feiner Schleier vor einer schmelzenden Tenorstimme, die in ihrem phänomenalen Ineinander von Körperlichkeit und Kunstfertigkeit, Atem und reiner Empfindung noch immer ihresgleichen sucht, vor allem in der Romanze „Ya mis horas felices“ des Komponistenduos Soutullo/Vert.

Plácido Domingo: Mehr Gentleman als Zuchtmeister

Zu hören sind in der Philharmonie Zarzuelas, Ouvertüren und Tänze, mediterrane Werke also, die das Schönste vereinen aus italienischer Operntradition und spanischer Volksmusik, aus Gefühl und Gefühligkeit, hoher Leidenschaft und holdem Kunsthandwerk. Mit anderen Worten, es tschingt und rummst sehr doll in der Philharmonie, und dass auch Plácido Domingo viel mehr ein Gentleman als ein Zuchtmeister ist, die Staatskapelle zum Beispiel in Manuel da Fallas „Jota“ laut und auch sehr durcheinander tönt – all das tut der überschäumenden Begeisterung im Saal an diesem Abend überhaupt keinen Abbruch.

Zumal noch eine ganz andere Persönlichkeit hineinfunkt und hineinglänzt, ihn gleichsam mit links (und rechts) überhöht: die mexikanisch-spanische Kastagnettenvirtuosin Lucero Tena. Ein Ereignis! Eine Augenweide! Stark auf die achtzig zugehend, lehrt Lucero Tena mit dem leisen Rasseln ihrer Kastagnetten, den schmiegsamen Crescendobögen, ihren elegant durch die Luft streifenden Armen und Händen das Berliner Publikum, was Anmut ist, wieviel Schönheit in Stolz und Beharrlichkeit liegt. Sehr schwer hat es da der Kollege Schlagzeuger von der Staatskapelle, der in Isaac Albéniz’ „Cordoba“ die Kastagnetten betätigen muss. Gleichviel: In allen Ecken dieses Abends steckt tatsächlich Liebe.

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