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Wolfram Brandl und Krzysztof Specjal (Violine), Yulia Deyneka (Viola) und Claudius Popp (Cello) bilden das Streichquartett der Berliner Staatsoper.

© Z. Specjal

Kammermusik im Boulez Saal: Die Vier von der Staatsoper

Das Streichquartett der Staatskapelle Berlin überzeugt mit Werken von Haydn und Schönberg im Pierre Boulez Saal.

Alban Berg spricht von der „Schwerverständlichkeit“ der Musik Arnold Schönbergs, um ihren Reichtum zu definieren. Dabei geht es in seiner Analyse zu dem Thema keineswegs um eine atonale oder Zwölfton- Komposition, sondern um das Streichquartett Nr. 1 des Komponisten, das noch auf dem Boden der Dur-Moll-Tonalität steht. Die Uraufführung führte in Wien 1907 zum Tumult.

Das Streichquartett der Staatskapelle Berlin eröffnet am Sonntag im Pierre Boulez Saal eine Reihe von vier Konzerten, in denen sämtliche Streichquartette von Arnold Schönberg mit Werken von Haydn kombiniert werden. Am Anfang steht Schönbergs Quartett D-Dur, entstanden 1897 in einer Gruppe von Quartettversuchen. Eine Liebe zu Brahms webt in der Musik, die dem homogenen Klang des Ensembles entgegenkommt. Denn es besteht aus vier Stimmmführern der Staatskapelle, die sich 2016 auf Anregung Daniel Barenboims zum Quartett formiert haben: Wolfram Brandl und Krzysztof Specjal (Violine), Yulia Deyneka (Viola) und Claudius Popp (Cello). Ihr Zusammenspiel repräsentiert die Staatskapelle, deren Klangideal und Anspruch.

Das Haydn-Quartett in A-Dur aus dem Zyklus der „Sonnenquartette“ gibt Brandl Gelegenheit, die Primarius-Arie im Adagio kunstvoll zu differenzieren. Leiser zu sein als die Begleitung, ohne an Intensität zu verlieren, ist sein Zaubermittel. Die reiche Tripelfuge weht vorüber wie ein Hauch, aber in präzisem Kontrapunkt Note für Note.

Kühne Vielstimmigkeit bei Schönberg

Dem schließt sich die Polyphonie von Schönberg an, die sich über das ganze d-Moll-Quartett erstreckt. Es dauert eine Dreiviertelstunde und trifft auf ein äußerst gespanntes Publikum. Nun ist zu erleben, dass die Mitglieder der Staatskapelle ihre Harmonie durchaus als vier Individuen vermitteln. Beredte Mittelstimmen, Gesang des Cellos, das seine Melodien mit der ersten Violine wechselt, deren chromatische Sprünge und Zickzack- Linien: Aus allem entsteht ein riesiges Gewölbe von kühner Vielstimmigkeit. An Brahms hat Schönberg die Komplexität asymmetrischer Strukturen bewundert, und davon lebt das d-Moll-Quartett.

Wie aber dieser Klangkörper seine Einzelstimmen verteidigt, das hat mit einer speziellen Kultur des Leisen zu tun, die in der Zurücknahme Brennpunkte der Musik hervorzuheben weiß. So erreicht die Interpretation Aufmerksamkeit für jedes Detail, um die Schwerverständlichkeit als Überfülle zu feiern. Und ihre Polyphonie als Ausdruckskunst.

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