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Kultur: Kleinkrebse

Nach grünlich leuchtenden Kleinkrebsen hat der Hamburger Michael Weins seinen neuen Erzählband „Krill“ benannt. Und manchmal blinkt da tatsächlich was auf in diesen 21 kurzen Geschichten, die neben einigen frischen Stücken ein Best-of sind von dem, was der 1971 geborene Weins, Gründungsmitglied der Hamburger Liveliteraturinstitution „Macht e.

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Nach grünlich leuchtenden Kleinkrebsen hat der Hamburger Michael Weins seinen neuen Erzählband „Krill“ benannt. Und manchmal blinkt da tatsächlich was auf in diesen 21 kurzen Geschichten, die neben einigen frischen Stücken ein Best-of sind von dem, was der 1971 geborene Weins, Gründungsmitglied der Hamburger Liveliteraturinstitution „Macht e.V.“, bereits auf der Lesebühne präsentiert hat. Weins debütierte 2001 mit dem Erzählband „Feucht“, und 2002 erschien der Roman „Goldener Reiter“, dessen Erzähler aus Kinderperspektive die Schizophrenie seiner Mutter beschreibt.

Auch die neuen Texte sind von geistig schräggestellten Gestalten bevölkert, denen der diplomierte Psychologe Weins in pointierter Rollenprosa in die Köpfe steigt. Seine Erzähler-Ichs sind welpenlederhandschuhtragende Hundehasser, besoffene Wohnzimmertyrannen und Schulhofsuperhelden in Strumpfhosen – und ihre vier- bis sechsseitigen Auftritte in ihrer Skurrilität sicherlich Perlen der Vorleseliteratur. Eindrücklicher sind allerdings die melancholischen Adoleszenzgeschichten, die vom ersten schwulen Sex handeln, von familiärer Einsamkeit oder der geistigen Enge einer Hippiekommune. Berührende Texte sind das, wenn auch bisweilen die Sätze rumpeln („Der Anblick streichelte den melancholischen Knoten in meiner Brust“) und Weins zudem völlig unnötigerweise dazu neigt, seinen sorgfältig konstruierten Figurenexperimenten die Interpretation gleich mit einzuschreiben.

Dennoch bietet „Krill“ genügend literarischen Nähr- und Mehrwert, um lesenswert zu sein. Und sei es wegen des herzzerreißend lustigen Sinnlossatzes, mit dem der ratlose Erzähler in „Tamara“ seine polnische Reisebekanntschaft zu unterhalten versucht: „,Es gibt eine Marmelade, die so heißt wie du’, sage ich auf Deutsch, ‚von Aldi’, sie versteht mich ja eh nicht.“

Michael Weins : Krill. Erzählungen. Mairisch Verlag, Hamburg 2007. 144 Seiten, 11,90 €.

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