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Kultur: Krieg ohne Sieg

Es hat Bekenntnischarakter, dass Semyon Bychkov die Achte Sinfonie in c-moll von Schostakowitsch als Solitär in das Programm stellt. Bychkovs Interpretation mit der Staatskapelle im Konzerthaus entspricht dem: Er glättet nicht die expressiven Zacken und Kanten des Stücks und lässt gleichwohl dessen formale und kontrapunktische Strenge spüren.

Es hat Bekenntnischarakter, dass Semyon Bychkov die Achte Sinfonie in c-moll von Schostakowitsch als Solitär in das Programm stellt. Bychkovs Interpretation mit der Staatskapelle im Konzerthaus entspricht dem: Er glättet nicht die expressiven Zacken und Kanten des Stücks und lässt gleichwohl dessen formale und kontrapunktische Strenge spüren. Mit dem forschen Tempo zu Beginn des riesigen Kopfsatzes macht er deutlich, dass es an diesem Abend kein Verweilen an schönen Stellen geben wird. Im tumultösen zweiten Satz lässt er die Bläser vielleicht des Guten zu viel tun, aber der unerbittlich voranhastende, motorische dritte Satz gelingt in seiner Sicht um so modellhafter. Die Passacaglia des vierten Satzes begreift Bychkov als Insel der Ruhe. Er lädt das kunstvolle Gewebe bis in die letzten Verästelungen mit Expression auf. Wenn jemand die klanglichen Mittel so klug disponiert wie Bychkov, dann wird klar, dass der Krieg in dieser c-moll-Sinfonie nicht zum Sieg führt. Wieder gerät der sinfonische Strom in Fahrt, die große Steigerung des Satzes führt mit glaubhafter Unausweichlichkeit zu den Schreckens-Akkorden aus dem ersten Satz. Sicher gilt der Jubel am Ende der ausgewogenen Interpretation und den exzellenten Holzbläsersolisten, aber die Mahnung Schostakowitschs hat zweifelsohne jeden Hörer erreicht.

Felix Losert

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