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Krise im Buchmarkt: Studie: Das Buch passt nicht mehr zum Lebensrhythmus

Die Zahl der Buchkäufer sinkt weiter in Deutschland. Viele kommen einfach nicht mehr dazu, sagt der Börsenverein. Die Zahlen sind trotzdem nicht dramatisch.


In der deutschen Buchbranche leuchten die Warnlampen, es herrscht Krisenstimmung auf dem weltweit zweitgrößten Buchmarkt. Denn immer weniger Bundesbürger greifen noch zum Buch. Die alte Daumenregel, dass gut die Hälfte der Bevölkerung Buchkäufer sind, gilt nicht mehr: 2017 kauften nur noch 29,6 Millionen Bundesbürger mindestens ein Buch, das entspricht 44 Prozent der Privatpersonen ab 10 Jahren, wie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels am Donnerstag in Frankfurt bekanntgab.
Zwischen 2013 und 2017 sank die Zahl der Käufer auf dem Publikumsbuchmarkt um 6,4 Millionen, das ist ein Rückgang um 17,8 Prozent. Wurden 2017 rund 367 Millionen Bücher verkauft, waren es 2013 noch 398 Millionen Exemplare. Nach der vom Börsenverein in Auftrag gegebenen Studie „Buchkäufer - quo vadis?“ halten Hektik und Stress immer mehr Menschen davon ab, Bücher zu lesen. Das Buch passt nicht mehr so gut zum Lebensrhythmus. Die stärksten Rückgänge gibt es in den Altersgruppen von 20 bis 50 Jahre.
„Es wächst der soziale Druck, ständig reagieren und dranbleiben zu müssen, um nicht abgehängt zu werden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Alexander Skipis, mit Blick auf die „digitale Multitasking-Gesellschaft“. Das Lesen als Erlebnis werde nach wie vor hoch geschätzt. Doch angesichts von Google, Facebook und Co sagten immer mehr Menschen, sie kämen einfach nicht mehr dazu.
Bücher seien häufig auch aus dem öffentlichen Diskurs verschwunden, beklagte Skipis. „Der Austausch über Bücher fehlt, Menschen sind weniger involviert in Buch-Themen und fühlen sich überfordert vom großen Titelangebot“, so die Studie. Die Stellung von Büchern hätten zunehmend TV-Serien übernommen. Hier gebe es einen Diskurs, Empfehlungen, Hypes und „Binge-Watching“, also das Schauen mehrerer Folgen einer Fernsehserie am Stück.

Die gute Nachricht: Wer noch Bücher kauft, kauft mehr als früher

„Die Käuferentwicklung fordert von Buchhandlungen und Verlagen ein generelles Umdenken“, sagte der Vorsteher des Börsenvereins, Heinrich Riethmüller. „Wir müssen die Bedürfnisse potenzieller Leser noch mehr in den Fokus rücken.“ Viele Buchhandlungen und Verlage arbeiteten bereits an Lösungen für ihr Marketing, die Kundenansprache und an neuen Formaten. Dass es beim Umsatz im vergangenen Jahr nur leicht bergab ging - die Branche verzeichnete ein Minus von 1,6 Prozent auf 9,13 Milliarden Euro - liegt am Verhalten der verbleibenden Buchkäufer: Sie erwerben im Schnitt mehr Titel und geben dafür auch mehr Geld aus. Die durchschnittlichen Ausgaben für den privaten Bedarf stiegen von 116,70 Euro je Käufer im Jahr 2013 auf 137,40 Euro im Jahr 2017, ein Plus um fast 18 Prozent. Durchschnittlich erwarb jeder Käufer 12,4 Bücher, 2013 waren es noch 11,0, ein Plus von 13 Prozent.

Auch die Buchpreisbindung muss immer wieder verteidigt werden

Alarmiert hatte die Branche auch die Ende Mai erhobene Forderung der deutschen Monopolkommission, die seit 2002 gesetzlich geregelte Buchpreisbindung in Frage zu stellen. Sie verpflichtet Verlage dazu, für ihre Neuerscheinungen verbindliche Ladenpreise festzusetzen. So zahlt der Kunde überall denselben Preis. „Die Preisbindung garantiert die Vielfalt und Qualität, für die der deutsche Buchmarkt weltweit vorbildlich ist“, sagte Skipis mit Blick auf die kulturelle Bedeutung des Buches. „Sie schafft die Voraussetzungen dafür, dass Menschen über ein filigranes Buchhandelsnetz breiten Zugang zu Büchern erhalten und ein vielfältiges und qualitativ hochwertiges Titelangebot vorfinden.“ (KNA)

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