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Kultur: Lächeln an, Lächeln aus

Ohne Konkurrenz: Kristin Scott Thomas bei der Pressekonferenz

Von Gregor Dotzauer

Als ob es darauf ankommen würde, etwas zu erfahren, auf das man die Antwort nicht schon wüsste – und nicht auf diesen Augenblick, in dem eine Frau wie Kristin Scott Thomas auf die Bühne kommt. Wie sie ihr Lächeln anknipst und es später demonstrativ verlöschen lässt. Wie sie mit den Fotografen spielt, wenn sie sich einmal kurz durch die Haare fährt und es plötzlich aus Dutzenden von Rohren schießt. Wie sie sich aus ihrem Kurzmantel schält und sich mit ihrer weißen Bluse frontal ins Scheinwerferlicht setzt. Und wie sie es schafft, diesen ersten Augenblick in die Unendlichkeit einer halben Stunde zu verlängern, in der lauter aufregende Dinge geschehen.

Wie sie irgendwann, fast gelangweilt, eine Sonnenbrille zwischen den Fingern zwirbelt, ohne sie schließlich aufzusetzen. Wie sie ihr Gesicht immer wieder in beide Hände stützt, wo sie doch, in Englisch ebenso versiert wie in Französisch, die Kopfhörer mit der Übersetzung liegen lassen könnte. Wie ihr regelmäßig eine dunkle Strähne ins Gesicht fällt, die sie nicht wegzustreichen gedenkt. Und wie sie zum Ende zappelig wird, den Stuhl mehrfach bis zur Vorderkante hinabrutscht, sich zurück in ihren Mantel flüchtet und sich energisch vom Publikum wegdreht und im Profil verharrt, bis die nächste Frage sie ans Mikrofon zwingt. Man könnte die ganze Tonspur abstellen, wenn nicht diese Koketterie der Bescheidenheit mit den nahe liegendsten, den überflüssigsten Fragen am Laufen gehalten werden müsste, damit die unstellbare, aber allein bedeutungsvolle Frage sich erübrigt: ob man nämlich wirklich zwischen der wachen, grazilen, überraschend mädchenhaften Frau auf der Bühne und der in ihrer aufreizenden Unentschlossenheit so zu- wie abgewandten Béatrice in „Petites coupures“ unterscheiden soll.

Pascal Bonitzer, der Regisseur, war auch da. Er sagte mindestens so viel wie seine Hauptdarstellerin. Doch auch dann ruhten aller Augen nur auf ihr.

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