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Kultur: Leerstellen

Gustavo Germano und seine Fotografien

Zur Zeit der Diktatur, zwischen 1976 und 1983, verhafteten die Militärs in Argentinien rund 30 000 Menschen, folterten und ermordeten sie und machten sie zu „Verschwundenen“: Opfer wurden in Massengräbern verscharrt und über dem Meer aus Flugzeugen geworfen; die Familien erhielten keine Auskunft über den Verbleib ihrer Angehörigen.

Auch der älteste Bruder des argentinischen Fotografen Gustavo Germano verschwand spurlos. Germano fand einen Weg, den Verlust anschaulich zu machen: Er hat alte Fotos argentinischer Familien neu aufgenommen, und dort, wo im alten Bild der Verschwundene stand, klafft nun eine Lücke. Das hier abgebildete Foto zeigt die Brüder Omar Darío und Mario Alfredo Amestoy im Frühling 1975 bei einem Besuch auf dem Land. Omar wird im November 1976 zusammen mit seiner Frau und den beiden Kindern ermordet.

Klarer und eindringlicher ist das Fehlen von Menschen nicht darzustellen. Die Militärdiktatur hat Löcher ins Leben der Argentinier gerissen – Germanos Fotografien geben dieser Leere ein Gesicht. Neben der Bilderserie enthält der Band auch Texte argentinischer Schriftsteller und Journalisten, darunter auch von Juan Gelman, dessen Sohn 1976 von Militärs entführt wurde: „Ich will keine Nachricht als dich/jede andere ist der Krumen, an dem die Erinnerung verhungert/sie gräbt um dich weiter zu suchen“. cro

Gustavo Germano: Verschwunden. Ein Fotoprojekt mit Texten zur Diktatur in Argentinien 1976-1983. Münchner Frühling Verlag, München 2010. 128 Seiten, 28,90 €.

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