Kultur: Liebe Eva, bitte helfen Sie
Die Frauenberaterin Eva Herman, die letztes Jahr mit dem „Eva-Prinzip“ all den „überforderten, unglücklichen und ratlosen Emanzipationsopfern“ beherzt zur heimischen Herd-Karriere riet, hat soeben ein neues Werk auf den Buchmarkt gebracht. Schon bei der Lektüre des warmherzigen Titels – „Liebe Eva Herman“ – ziehen vorm geistigen Auge wertvolle Bastelnachmittage mit Kuchen und Kakao im Kreise der Lieben vorüber.
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Die Frauenberaterin Eva Herman, die letztes Jahr mit dem „Eva-Prinzip“ all den „überforderten, unglücklichen und ratlosen Emanzipationsopfern“ beherzt zur heimischen Herd-Karriere riet, hat soeben ein neues Werk auf den Buchmarkt gebracht. Schon bei der Lektüre des warmherzigen Titels – „Liebe Eva Herman“ – ziehen vorm geistigen Auge wertvolle Bastelnachmittage mit Kuchen und Kakao im Kreise der Lieben vorüber. Aber die folgenden zweihundert Seiten sind doch gehaltvoller. Sie beweisen nämlich, dass Frau Herman im Prinzip Tausende orientierungsloser Geschlechtsgenossinnen ihrer „wahren Bestimmung“ zuführen konnte. Mehr als 6000 Briefe und Mails soll die Ratgeberin als Reaktion auf ihren Heimchenleitfaden bekommen haben. Und die Auswahl, die daraus in „Liebe Eva“ nachzulesen ist, lässt das Hausfrauenherz in der Tat aufjuchzen: Ach, wie schön, das Leben am Küchenherd!
Da wollen wir uns nicht lumpen lassen und sie in Zeiten, in denen andere sich immerhin den Anschein geben, über die Finanzierung neuer Krippenplätze nachzudenken, aus dem Dunkel zerren: Die kitalos glücklichen Hausfrauen und Mütter auf den Berliner Bühnen. Beginnen wir im Maxim Gorki Theater , wo Ellida Wangel aus Henrik Ibsens Frau vom Meer (14.3., 19.30 Uhr) – hauptberuflich die „zweite Frau“ des Distriktarztes Wangel – die allerbesten Voraussetzungen zur häuslichen Erfüllung vorfindet. Sie ist nämlich mit ihrem Therapeuten – einem veritablen Frauenversteher – verheiratet, welcher sogar über eine eigene Immobilie verfügt, und im Prinzip den lieben langen Tag zu nichts anderem verpflichtet, als über die Farbe der Bettwäsche nachzudenken. Aber ach: Eine derart düstere Sehnsucht nach der Freiheit des Meeres hält die Hausfrau im Griff, dass sie zum psychologischen Krisenfall wird. Gut, mag man einwenden, vielleicht liegt’s ja daran, dass Frau Wangel zwar in einen Haushalt mit zwei Stieftöchtern einheiraten, aber nie selbst das große weibliche Gebärglück erfahren durfte. Also?
Auf zu Nora in die Schaubühne (18.3., 15 Uhr und 19.3., 20 Uhr). Die hat gleich drei eigene Kinder und darf also das Koch-, Bastel- und Bügelglück in Potenz ausleben. Unverständlicherweise endet das Drama in Thomas Ostermeiers Inszenierung damit, dass Nora ihren Versorger-Gatten ab- und die Loft-Tür ein für allemal hinter sich zuknallt. Und erst Medea im Deutschen Theater (12.3., 18 Uhr): Die entwickelt sich von der aufopferungsvollen Hausfrau und Mutter, nachdem ihr Gatte sich wegen einer jungen Karrieristin scheiden lassen will, zur zweifachen Kindsmörderin!
Drei Stichproben, drei Hausfrauen, drei Unglücksfälle. Liebe Eva Herman: Bitte helfen Sie!
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