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Kultur: Lob der Brücke

Es gibt ein neues Gespenst in der internationalen Denkmalszene: die Brücke. Brücken verschandeln angeblich das Landschafts- oder Stadtbild, immer öfter greift die Unesco als oberste Kulturgüterschutzbehörde daher zu drastischen Maßnahmen.

Es gibt ein neues Gespenst in der internationalen Denkmalszene: die Brücke. Brücken verschandeln angeblich das Landschafts- oder Stadtbild, immer öfter greift die Unesco als oberste Kulturgüterschutzbehörde daher zu drastischen Maßnahmen. Der Fall Dresden ist gelaufen, nun streitet man im Rheintal über den unverstellten Loreley-Blick und ganz aktuell über eine geplante Newa-Brücke in St. Petersburg. Die Argumente sind immer die gleichen. Brücken stören das Bild. Also lieber ein Tunnel.

Arme Brücken. Sie gehören zu den schönsten und gewagtesten Kulturerrungenschaften. Ein kühner Schwung, mit dem der Mensch sich über trennende Täler und Flüsse hinwegsetzt, oft mit Meisterleistungen der Ingenieur- und Architekturkunst, die selbst denkmalwürdig sind. Die Eisenbrücke über den Firth of Forth in Schottland oder die Clifton Suspension Bridge über den Avon bei Bristol, die Golden Gate Bridge oder Dresdens Blaues Wunder, die abgebrochene Brücke von Avignon oder die wiederaufgebaute von Mostar, und unlängst technische Meisterstücke wie die acht Kilometer lange Brücke über den Öresund. Menschen pilgern zu Brücken, genießen das Gefühl der Schwerelosigkeit bei der luftigen Fahrt und nutzen sie gern als Aufenthaltsort, als Marktplatz der Straßenhändler wie die Karlsbrücke in Prag, die Engelsbrücke in Rom, die Rialtobrücke in Venedig bis hin zur kleinen Kreuzberger Admiralbrücke, die für einen ganzen Bezirk zum Wohn- und Partyzimmer wird.

Nicht nur Politiker lieben das Bild der Verbindung zwischen feindlichen Ufern, die die Brücken über Grenzflüsse, sei es die Oder oder den Rhein, häufig auch wirklich (gewesen) sind. Warum nun also das Schreckbild Brücke, wo doch ein Tunnel viel unschöner ist, ein dunkler Gang, der den erhebenden Ausblick auf die unterquerten Landschafts- oder Bauwunder verhindert? Vergessen wir nicht: Das, was es zu schützen gilt, das Dresdner Elbtal mit seinen anmutigen Auen genauso wie das Rheintal mit Burgen und Weinbergen und erst recht die Petersburger Altstadt, all das ist gestaltete Landschaft, Gebilde von Menschenhand. Nicht böse Architektur gegen schöne Natur lautet die Kontroverse, sondern gute gegen brutal-pragmatische Zweckarchitektur. Mehr Brücken wagen!

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