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Christoph Koncz wurde 1987 in Konstanz geboren

© Foto: Andreas Hechenberger

Mahler Chamber Orchestra: Wann ist laut zu laut?

Christoph Koncz springt beim Berlin-Gastspiel des Mahler Chamber Orchestra für die Dirigentin Joana Mallwitz ein.

Der Terminkalender von Joana Mallwitz füllt sich rasend schnell. Ab Herbst 2023 wird sie an der Spitze des Konzerthausorchesters Berlin stehen. Deshalb war es ein kluger Schachzug des Mahler Chamber Orchestra (MCO), die heißumworbene Dirigentin für eine Arbeitsphase unter dem Titel „Prologue“ zu verpflichten.

Es sollte ein Auftakt werden und der Einstieg in eine künftige Partnerschaft. Denn obwohl das MCO in Berlin sein Büro hat, ist seine Präsenz in der Stadt noch bescheiden. Und selbst ein Orchester, dass sich als „nomadisches Kollektiv“ begreift, braucht ein Zelt, in dem es regelmäßig Station machen kann, zumal angesichts eines schrumpfenden Tourneemarkts.

Schuberts „Unvollendete“ irritiert

Doch Joana Mallwitz musste krankheitsgedingt absagen. Das selbstbestimmte Ensemble verpflichtete in Christoph Koncz einen aufstrebenden Vertreter der jungen Dirigentengeneration. Auch er hat eine Verbindung in die Hauptstadt: Bruder Stephan spielt in der Cellogruppe der Berliner Philharmoniker. Dass Christoph Koncz sich im Kammermusiksaal trotzdem nicht zuhause fühlt, merkt man an seiner Interpretation von Schuberts „Unvollendeter“.

Geprobt und erstmals gespielt wurde das Programm im Konzerthaus Dortmund, doch im Kammermusiksaal der Philharmonie beginnt der Klang zu knallen, ehe er seine ganze Kraft entfalten kann. Gerade bei diesem räumlich magisch gestaffelten Werk hat man plötzlich das ungute Gefühl, zu nah dran zu sitzen, um vom Zauber erfasst zu werden. Im großen Saal, der wegen Absage eines Rockorchesterspektakels sogar leer stand, wäre das kein Problem gewesen. Dort hätte sich das zupackende Spiel der Musiker:innen optimal entfalten können und das straffe Dirigat, das Koncz nach der Pause bei Schuberts „Tragischer“ nochmals nachschliff, zu keiner Überschärfe geführt.

Dazwischen wurde es tatsächlich fragil: Brittens Serenade für Tenor, Horn und Streicher gleitet durch Nachtgefühle aller Art, von der Lust bis zum Tod. Tenor Andrew Staples und Hornist José Vicente Castelló stehen dabei hinten der Musiker:innen, eine Anordnung, die der Zerbrechlichkeit und Flüchtigkeit der Komposition Rechnung trägt. Und siehe da: In den Momenten, wo Stimme und Instrumente sich einmal zart überdecken, entsteht etwas Neues. Der Raum macht die Musik. Auch ein Grund dafür, mehr als einen Koffer in Berlin zu haben.

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