Kultur: Mähnen im Wind
Mit „Orest“ gelang der Komischen Oper der Überraschungserfolg der letzten Saison. Eine völlig unbekannte Händel- Oper, die genaugenommen sogar bloß ein aus verschiedenen Stücken zusammengeschustertes Flickwerk ist, und ein Regisseur, dessen intellektuelle Werkzergrübelungen das Publikum normalerweise auf die Barrikaden treibt.
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Mit „Orest“ gelang der Komischen Oper der Überraschungserfolg der letzten Saison. Eine völlig unbekannte Händel- Oper, die genaugenommen sogar bloß ein aus verschiedenen Stücken zusammengeschustertes Flickwerk ist, und ein Regisseur, dessen intellektuelle Werkzergrübelungen das Publikum normalerweise auf die Barrikaden treibt. Doch der Orest lockte ein Publikum an, das normalerweise in die Volksbühne geht und mit traditioneller Opern-Machart wenig anfangen kann: Leute, die kein Problem mit Sebastian Baumgartens visuell eher asketischer Werk-Dekonstruktion, den Guantanamo-Anklängen und der RAF-Nostalgie haben. Eine große Rolle bei diesem Erfolg dürfte neben der hippen Optik das Charisma der Hauptdarstellerinnen gespielt haben. Maria Bengtsson und Charlotte Hellekant sehen nun mal blendend aus, und wenn am Ende ihre langen blonden Mähnen im Ventilator-Wind flattern: das schönste lieto fine, das Berlin seit langem gesehen hat. Beide sind glücklicherweise auch bei der zweiten Aufführungsserie mit dabei, die derzeit läuft. Die Aufführung am Samstag leitet dann allerdings nicht der Premierendirigent Thomas Hengelbrock, sondern der junge Berliner Kapellmeister Martin Braun.
Jörg Königsdorf
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