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Lange erwartet in Berlin: Mariss Jansons

© Matthias Schrader

BR-Symphonieorchester beim Musikfest: Mariss Jansons überrascht mit Bartók

Bartók, Lutoslawski, Schostakowitsch: Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und Mariss Jansons präsentieren sich als wunderbar eingespieltes Team

Im Mai noch musste er seinen Auftritt bei den Berliner Philharmonikern auf Anraten der Ärzte absagen, nun ist Mariss Jansons endlich da: Energischen Schrittes tritt er vor sein Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, mit dem er auf Sommertournee auch beim Musikfest Station macht. Ein Stopp, von dem man sich nicht weniger als einen Höhepunkt des Festivals erwartet. Schmucklos und stringent das Programm, ganz im Sinne des 70-jährigen Maestro: Zwei Konzerte für Orchester liegen auf den Pulten, Witold Lutoslawskis Komposition von 1954 und sein großes Vorbild von Béla Bartók, das 1944 in New York uraufgeführt wurde.

Jansons und seine Münchner Musiker, die sich unlängst bis 2018 aneinander gebunden haben, gehen mit traumwandlerischer Gewissheit zu Werke. Und zum ersten Mal taucht beim Musikfest ein Gastorchester auf, das mit seinem Dirigenten eine echte Einheit bildet und Klangräume erschafft, um sie auch zu bewohnen. Präzise in der Kraftentfaltung, klar und unsentimental. In der Philharmonie präsentiert sich selbstbewusst ein Orchester, das nicht mit Solisten reisen muss, um attraktiv zu sein. Zugleich kann es sich bei Jansons darauf verlassen, dass der skrupulöse Chef nur Werke aufführt, zu denen er sich eine lebendige Verbindung erarbeitet hat.

Davon profitiert vor allem Lutoslawski, dessen Konzert für Orchester man sich kaum beziehungsreicher, anspielungslustiger wünschen kann. Dabei kommt es auch zu einem Wiederhören mit der Zeit des Eisernen Vorhangs: Eine markige Passage aus der „Intrada“ nutzte bis 1988 Gerhard Löwenthal, um die Zuschauer des ZDF-Magazins zu seinem Blick auf die Gefahr und das Elend im Osten einzustimmen. Es liegt Ironie darin, dass Lutoslawski sich mit diesem Werk auch die Kritik der sozialistischen Formalisten vom Hals schaffen wollte. Mariss Jansons, der diese Welten genau kennt, lockt sie meisterhaft hervor.

Bartóks spätes Meisterwerk ist längst zum Bravourstück für Orchester avanciert. Jansons unterläuft hier bewusst Vorstellungen von blitzblankem Drill, er lässt die Brüchigkeit zu, will den Zuhörer lieber überraschen als überwältigen. Seine Münchner Musiker antworten ihm mit transparentem Spiel, dem beinahe ein Hauch Dringlichkeit fehlt. Dafür wird als Zugabe ein brennender Brocken Schostakowitsch ins Publikum geschleudert.

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