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DODO - illustration Raphus cucullatus. Extinct bird. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright: PatxMorris 10854315 Ausgestorbener Laufvogel: der Dodo

© imago/Ardea/

Musik zum Frühling: Karneval der bedrohten Tiere

Das Album „Le Concert des Oiseaux“ versammelt Renaissance- und Barockwerke voller Vogelgezwitscher. Und eine Hommage an die aussterbenden Arten von heute.

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Als Gott – oder wer auch immer – das Federvieh schuf, erfand er die Terz und die Quart gleich dazu. Wenn das französische Renaissance- und Barock-Ensemble La  Rêveuse ein ganzes Album den Vögeln widmet, kann man sich vor Terzmotiven und Quartsprüngen naturgemäß kaum retten.

Die Bassflöte ruft Kuckuck, ihre Piccolo-Verwandte tschirpt und tiriliert in nachtigallesken Girlanden, das Huhn pickt auch mal Quinten aus dem Notenhaufen heraus, trainiert Flatterzunge und verschluckt sich beim Trillern - in Stücken von Purcell, van Eyck, Couperin, Rameau oder Benjamin Britten. Die Natur ist der Meister, die Musik ihr fröhlich das luftige Konzertgeschehen imitierender Geselle.

Das Hauptwerk auf dem pünktlich zum Frühling erschienenen Album „Le Concert des Oiseaux“ schließt jedoch auch Vierbeiner und Reptilien mit ein, beim „Karneval der bedrohten Tiere“, frei nach Camille Saint-Saëns’ berühmter zoologischer Orchester-Fantasie. Komponiert hat es Benjamin Perrot, den das sechsköpfige Ensemble unter Leitung der Gambistin Florence Bolton und des Lautenisten Benjamin Perrot um eine persiflierende Hommage an aussterbende Arten bat.

Obendrein hat Bouchot die Suite „Le Carnaval des animaux en péril“ für ebenfalls vom Vergessen bedrohte, in die Schutzzone der Alte-Musik-Szene emigrierte Instrumente arrangiert, wie die Theorbe, das Quinton (ein der Bratsche verwandtes Saiteninstrument) oder das Vogel-Flageolett. Mit dem kugelschreibergroßen Flötlein wollte man im 18. Jahrhundert Zuchtvögeln das Singen beibringen, um deren Marktwert zu steigern.

Das Ergebnis ist so unterhaltsam wie lehrreich. Der Plumplori, eine Primatenart auf den Java-Inseln, tanzt den berühmten Slowmotion-Cancan, während Flöte und Marimba sich im Sechzehntel-Abstand-Kanon jagen und im Hintergrund kreischende Motorsägen den Regenwald abholzen. Die Schneeeule wird ebenso gewürdigt wie der bereits vom Erdball verschwundene Dodo. Er beharrt schlicht auf seiner früheren Existenz, indem er das c, also die Tonsilbe do, unermüdlich wiederholt.

Das Ganges-Krokodil dümpelt wiederum in einer Zerrspiegel-Gavotte erst träge dahin, um sich dann accelerando davonzumachen. Und die Seegurke – unterschätzte Müllentsorgerin der Meere – recycelt in ihrem „Valse-Twist“ kaputte Triangeln, Becken und anderen Metallschrott. Artenschutz, Alte und Neue Musik, eine tolle Melange.

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